Gebäudeversicherungen sind elementar wichtig

Veröffentlicht am 23. März 2022

Naturkatastrophen, wie zuletzt das Sturmtief „Bernd“, verursachen auch in unseren Breitengraden zunehmend große Schäden, die bisher in nur geringem Ausmaß durch entsprechende Gebäudeversicherungen, insbesondere Elementarversicherungen, abgedeckt sind.

Gebäudeversicherungen decken die finanziellen Risiken ab, die mit Schäden an Gebäuden durch unvorhergesehene Ereignisse einhergehen. Es gibt die gewerbliche Gebäudeversicherung und die private Wohngebäudeversicherung. Sie ist diejenige, die auch am meisten verbreitet ist und für Hauseigentümer und Immobilienunternehmen gleichermaßen (über-)lebenswichtig ist. Das gilt insbesondere in Zeiten, in denen Unwetterereignisse global zunehmen und die damit einhergehenden Schäden in bisher nicht gekanntem Ausmaß auch bei uns leidvolle Spuren hinterlassen.

Ein Thema, dem sich also aus gutem Grund auch der jüngste Bau- und Verwaltertag des BFW-Niedersachsen/Bremen widmete. Der unabhängige Versicherungsmakler Thomas Billerbeck, Inhaber und Geschäftsführer des renommierten Familienunternehmens – bereits in vierter Generation – aus Hannover, hat eine besondere Expertise in der Immobilienwirtschaft. Damit war und ist er prädestiniert, über das Thema „Gebäudeversicherungen im Spannungsfeld des Klimawandels“ zu referieren. Seinen Ausführungen voran stellte er die Frage: „Bleiben Elementarschäden versicherbar?“, um dann ausführlich auf die Gefahren, die Marktsituation sowie verschiedene Initiativen aus Politik und Wirtschaft einzugehen. Thomas Billerbeck wörtlich: „Ja, sie werden versicherbar bleiben. Aber zu welchem Preis?“ Dass sich nach Sturmtief „Bernd“ vom Juli des vergangenen Jahres Einiges ändern wird und muss, dürfte jedem klar sein.

Solche Klimakatastrophen sind die Ausnahme, die Vielzahl der gemeldeten Schadensfälle ist eher dem Bereich der nach Schadensumme betrachtet „kleineren Schäden“ zuzurechnen, auch wenn diese schnell mehrere Tausend Euro ausmachen können. Unvorhersehbare Gebäudeschäden haben schließlich vielfältige Ursachen – eine gebrochene Wasserleitung, ein Wohnungsbrand, Blitzschlag, ein vom Sturm abgedecktes Dach sind nur einige Beispiele. Doch auch dabei geht es in Sachen Reparatur oder Wiederherstellung schnell um größere Summen, die durchaus Zehn- oder Hunderttausende Euro erreichen können. Wenn in diesem Fall kein Versicherungsschutz besteht, gefährdet der Gebäudeschaden sehr schnell die finanzielle Existenz der Eigentümer – handeln diese als Privatpersonen oder sind unternehmerisch tätig als Wohnungsgesellschaft oder Verwalter, der Vermögensverlust ist jedenfalls fast immer gravierend.

Gebäudeversicherung ein Muss

Daher gehört die Gebäudeversicherung für jeden Immobilieneigentümer bzw. jedes wohnungswirtschaftliche Unternehmen zu den notwendigen Maßnahmen der Existenzsicherung und sollte nicht im Versicherungs-Portfolio fehlen. Dennoch ist der Abschluss grundsätzlich freiwillig. Die früher in einigen Bundesländern bestehende gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss einer Feuerversicherung ist schon vor einigen Jahren entfallen, erinnerte Billerbeck. Neben den üblichen Standards der Gebäudeversicherung (Feuer, Leitungswasser, Sturm/Hagel), gelte es, so der Rat des Versicherungsexperten, auch weitergehende Elementarschäden zu berücksichtigen: Dazu zählen Überschwemmung/Rückstau (Witterungsniederschläge oder ausufernde Gewässer, Starkregen), Schneedruck und Lawinen sowie Erdbeben, Erdrutsch, Erdsenkung oder Vulkanausbruch. „Sicherlich“, so Billerbeck weiter, „gehören Lawinen und Erdbeben in Niedersachsen nicht zu den primären Gefahren, aber um ein Kollektiv (der Versicherten) zu schaffen, hat man gesagt: Entweder alles oder gar nichts!“

Das Gros der Schäden liegt bei den Klassikern

Anschließend widmete sich Thomas Billerbeck dem Markt der Gebäudeversicherungen. Hierbei stützte er seine Betrachtungen auf Zahlen vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) für die Jahre 2018 bis 2020. Demnach lag das Gros der Schäden mengenmäßig betrachtet, eindeutig bei den Klassikern – Leitungswasser und Sturm, mit deutlichem Abstand folgt Feuer. Mithin verwundert es nicht, dass auch hier die größten Regulierungssummen aufzubringen waren. Zum Beispiel im Jahr 2020 wie folgt: Sturm 920 Mio./Euro, Feuer 1.250 Mio./Euro und Leitungswasser 3.310 Mio./Euro. Bei einer Rückschau auf die 5 größten Naturkatastrophen bundesweit und deren Schaden-/Kostenquote bei der Gebäudeversicherung wurde deutlich, dass sich das Juni-Hochwasser von 2013 und der Hagelschauer „Andreas“ aus dem gleichen Jahr ebenso wie das Sturmtief „Kyrill“ (2007) und das August-Hochwasser (2002) mit der Sturzflut „Bernd“ nicht vergleichen lassen.

Sturmtief „Bernd“ verursachte 6,50 Mrd. Euro Schaden in der Gebäudeversicherung

Mit 6,50 Mrd. Euro führt „Bernd“ deutlich das Ranking der Naturkatastrophen an, gefolgt von dem August-Hochwasser (4,65 Mrd./Euro) und Sturmtief „Kyrill“ mit 3,35 Mrd./Euro. Das Juni-Hochwasser von 2013 (2,25 Mrd./Euro) und der Hagelsturm „Andreas “ (2,00 Mrd./Euro) nehmen sich dagegen fast noch verharmlosend aus. Aktuell gehen die Versicherer beim Sturmtief „Bernd“ von etwa 6,50 Mrd./Euro Gesamtschaden aus, Tendenz steigend. Die Zahl der Schadenfälle wird auf rund 250.000 geschätzt, die meisten an Häusern, Hausrat und Betrieben. Dabei verfügen nur rund 20 Prozent über eine entsprechende Elementarversicherung. Zum Vergleich: Im oftmals von verheerenden Tornados heimgesuchten Amerika liegt die durchschnittliche Absicherungsquote bei 50 bis 70 Prozent.

Thomas Billerbeck versetzte die Zuhörer besonders mit einer Feststellung ins Staunen: „Außer in den Jahren 2015 und 2016 (das waren Jahre ohne größere Naturkatastrophen in Deutschland) haben die Versicherer die letzten Jahre kein Geld verdient. Viele Jahre zeigten sich die Bilanzen defizitär.“ Und dennoch, so führte Billerbeck weiter aus, funktioniere der Wettbewerb im Markt bisher noch immer. Aber bleibt das auch in Zukunft so? „Es muss immer erst etwas passieren, bevor die Politik reagiert bzw. Politiker die Frage aufwerfen, was der Staat denn tun solle?“, erläuterte der Versicherungsexperte. Schließlich gäbe es immer Betroffene, die versichert sind, also eine Gebäudeversicherung haben, und solche, die es nicht sind. „Soll der Staat die belohnen, die sich das Geld für die Prämie gespart haben, indem er sie dennoch finanziell unterstützt?“

Auf jeden Fall entflamme die Diskussion darum nach jedem neuerlichen Großereignis immer wieder aufs Neue. Billerbeck: „Auf jeden Fall erhalten selbst die, die vom Staat Hilfen bekommen, niemals auch nur annähernd den Neu- bzw. Zeitwert, so wie Eigentümer mit einer Gebäudeversicherung das im Normalfall erhalten.“ Dabei sind die durchschnittlichen Versicherungskosten für eine Gebäudeversicherung (inklusive Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht) überschaubar. Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes (DMB) bezifferten sich diese im Jahr 2011 auf 1,80 Euro (m2/Jahr) und stiegen bis zum letzten Jahr auf aktuell 3,06 Euro (m2/Jahr).

Demnach hätten sich die Prämien in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt, aber das auch bedingt durch die vor allem zuletzt extrem gestiegenen Baustoffe (Holz zum Beispiel um die 90 Prozent), die bei Reparaturen am Haus zum Einsatz kommen. Rund 8 Mrd. Euro verzeichneten die deutschen Versicherer in 2020 an Einnahmen/Prämien. Etwa 72 Prozent davon wurden für die Schadenregulierung aufgewendet. „Das ist eigentlich zu viel“, so Billerbeck, „schließlich streben die Versicherer eine Quote von lediglich etwa 60 Prozent an, um für die Regulierung von Großschäden finanziell gewappnet zu sein.“ Vor diesem Hintergrund prognostiziert er für die nahe Zukunft weitere Prämiensteigerungen.

Rahmenverträge sollten detailliert geprüft werden

Mit einem Diskurs durch die Details der Elementarversicherung, mit einem neu aufgestellten Zonierungssystem, der Einführung von Gefährdungsklassen und der Analyse, bundesweit sehr unterschiedlich existierenden Absicherungsquoten (Baden-Württemberg z.B. 94 Prozent, Niedersachsen 25 Prozent, Bremen 23 Prozent und Hamburg 27 Prozent) weckte der Referent die Neugier der Zuhörer. Thomas Billerbeck riet den Vertretern der Immobilienwirtschaft, ihre bestehenden Verträge gründlich zu prüfen, ob auch wirklich alle Wohnungen ausreichend gegen die unterschiedlichen Gefahren in der Elementarversicherung berücksichtigt sind.

Wörtlich: „Wir erleben das gerade bei großen wohnungswirtschaftlichen Verträgen mit zum Beispiel 4.000, 8.000 oder 10.000 Einheiten, die alle in einem Rahmenvertrag versichert sind. Da-bei ist oft unklar, auf wieviel Gebäude die Einheiten sich tatsächlich verteilen und mithin die mögliche Schadensumme eigentlich sein kann. Das wird derzeit auch auf Seiten der Versicherer ganz genau betrachtet. Man will wissen, wie hoch der Maximalschaden für den Versicherer sein kann.“ Billerbeck erklärt diese detaillierte Vertragsprüfung damit, dass die Versicherer bemüht sind, im Rahmen ihres Risikomanagements möglichst viel zu streuen, d.h. in die Rückversicherung zu geben, um das eigene Risiko möglichst gering zu halten. Billerbeck: „Wir erleben gerade bei großen Marktanbietern ein striktes Stopp bei unwirtschaftlich (gewordenen) großen Rahmenverträgen.“ Deshalb sollten Wohnungsverwalter, insbesondere die mit großem Wohnungsbestand, auch das Kleingedruckte in ihren Rahmenverträgen prüfen:

„Es kann sein, dass Sie einen solchen Rahmenvertrag haben, in dem ganz vorne steht, dass alle Gebäude versichert sind. Aber auf einer der hinteren Seiten des Vertrages wird das Haftungsrisiko dann eingeschränkt, z. B. durch eine Klausel, die die Schadensumme nach der Anzahl der Gebäude begrenzt. Das Stichwort hier heißt „Jahreshöchstentschädigungen!“ Billerbeck verstand es, ein zunächst eher trocken und administrativ anmutendes Thema den Zuhörern des BFW-Bau- und Verwaltertages kurzweilig und spannend zu vermitteln und ihnen hilfreiches Wissen für ihre praktische Alltagsarbeit mit auf den Weg zu geben.

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