Stadtflucht in Deutschland?

Veröffentlicht am 1. März 2019

Viele Stadtbewohner entscheiden sich daher bewusst für einen neuen Lebensstil mit Ruhe auf dem Land und Nähe zur Natur.

Lange wurde in Deutschland über Wohnungsleerstand auf dem Land und verödende Provinzen geklagt. Im Trend dagegen lagen die großen Städte, die alles bieten: Wohnen, Arbeiten, Infrastruktur, Kultur und kurze Wege. Diese Entwicklung scheint nun gestoppt. Laut einer aktuellen Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung haben 282 der bundesweit 401 Kreise und kreisfreien Städte in den letzten Jahren Einwohner dazugewonnen.

Dieser Trend wird sich in Zukunft verstärken, denn Deutschland wächst weiter: Bis 2035 prognostiziert das Institut der deutschen Wirtschaft einen Anstieg auf rund 90 Mio. Einwohner. Die meisten von ihnen werden dauerhaft bleiben, arbeiten und auch wohnen. Vor allem Familien, Paare über 50 oder Selbstständige kehren der Großstadt bereits jetzt den Rücken und ziehen aufs Land. Dafür gibt es Gründe: Die Anziehungskraft der Metropolen treibt die Preise in solche Höhen, dass sich viele Menschen eine Wohnung dort nicht leisten können oder wollen. Die städtebaulich sinnvolle Nachverdichtung wird von vielen zudem als Verlust von Lebensqualität empfunden – und das, obwohl der Einzelne auf mehr Wohnfläche lebt als je zuvor. Viele Stadtbewohner entscheiden sich daher bewusst für einen neuen Lebensstil mit Ruhe auf dem Land und Nähe zur Natur: Wer beispielsweise ein altes Haus auf dem Land umbaut, verbraucht keine zusätzlichen Flächen, trägt nicht zur Versiegelung des Bodens bei und tut damit gleichzeitig etwas für die Umwelt.

Das neue Baukindergeld ist da eine sinnvolle Finanzspritze für Familien, die Wohneigentum erwerben wollen. Bauherren auf dem Land profitieren oft stärker von der Förderung, da die höhere Preisdynamik in den Städten den staatlichen Zuschuss quasi auffrisst. Diese Entwicklung nutzt vor allem Mittel- und Kleinstädten an den Rändern der Metropolen, aber auch ländlichen Kommunen. Damit diese Gemeinden auch in Zukunft als Lebensort attraktiv bleiben, ist eine moderne, funktionierende Infrastruktur zentrale Voraussetzung. Hier sind die Kommunen in der Pflicht, bei Investitionen und Stadtplanungen die richtigen Prioritäten zu setzen. Öffentlicher Personennahverkehr, ärztliche Versorgung und Breitbandausbau – das alles können vor allem kleinere Orte nicht ohne Unterstützung schaffen. Gefragt sind darum vor allem innovative Gesamtstrategien für die Themen „Digitalisierung, Mobilität, Bildung und Arbeit“. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe – aber auch eine, mit sehr viel Zukunftspotenzial und Charme.

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