Wohnraumschaffung dominiert die Branche

Veröffentlicht am 2. Juli 2020

Politik und Wirtschaft vereint: BFW-Vorstandsvorsitzender Dirk Streicher (rechts) und BFW-Geschäftsführer David Huber (links) freuten sich über die politische Prominenz aus Niedersachsen und Bremen – Gabriele Nießen, neue Bremer Staatsrätin, und Niedersachsens Bauminister Olaf Lies. (Foto: Niklas Krug)

Baulandmangel, hohe Regulierungen und Engpässe im Baugewerbe sind nur einige Herausforderungen im Wohnungsbau, die eine Entspannung des Wohnungsmarktes, insbesondere in Ballungsräumen, erschweren. Auch in der Öffentlichkeit ist das Stimmungsbild rund um den Wohnungsbau getrübt. Wie alle Beteiligten diesen wieder ankurbeln können, wurde jetzt im Rahmen des 38. Hannover-Forums diskutiert. Welchen Stellenwert dieses Thema derzeit in der Branche einnimmt, zeigte sich auch bei der Besucherzahl - 200 Gäste, neuer Teilnehmerrekord!

Unbestritten ist, dass die Wohnungsmarktlage in vielen Teilen Niedersachsens und Bremens angespannt ist. Gerade deshalb stellte Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender des BFW-Niedersachsen/ Bremen, in seiner Begrüßungsrede klar heraus: „Eines ist sicher: In Niedersachsen und Bremen möchten wir auf keinen Fall den Berliner Weg beschreiten. Die dort von der Politik beschlossenen Maßnahmen, wie Mietendeckel und Diskussionen über Enteignungen, führen bereits dazu, dass sich Bauwillige aus Berlin zurückziehen.”
Der notwendige Neubau von Wohnungen werde nicht nur gefährdet, sondern schon verhindert. Daher sei er sehr froh, dass „wir uns in Niedersachsen und Bremen gemeinsam mit der Kommunalpolitik und Verwaltung auf die Ankurbelung des Wohnungsneubaus verständigt haben und nicht auf bremsen und deckeln.“ Seiner Auffassung nach stehe der Markt schon jetzt an der Schwelle der Nichtrealisierung von Mietwohnungsbauten. Daher plädierte er für eine breitangelegte sowie zeitlich wohl dosierte Neubauinitiative im Schulterschluss zwischen Land und Wohnungswirtschaft

Mit einem „Bericht aus Berlin” unterstrich auch BFW-Bundesgeschäftsführer Christian Bruch die einleitenden Worte Streichers. Als Beispiel führte er die Diskussion rund um die Einführung einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft an und gab zu bedenken: „Sie schicken ein neues Pferd auf die gleiche Wiese. Doch Vorsicht: Wo soll diese Gesellschaft Bauland hernehmen, wie soll sie günstiger bauen und schlussendlich qualifiziertes Personal finden, wenn diese Herausforderungen schon die jetzigen Akteure vor große Herausforderungen stellt?“ Bruch appellierte, mit den Beteiligten weiter an Lösungen zu arbeiten, Regulierungen nicht weiter zu verschärfen und Bauland bereitzustellen.

Konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik und Wohnungswirtschaft

Dass die Zusammenarbeit mit der Politik sehr gut funktioniert, betonte der niedersächsische Bauminister Olaf Lies in seinem Grußwort. Er dankte dem BFW-Niedersachsen/Bremen für die intensive Mitwirkung im „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ sowie zahlreichen Arbeitskreisen und hob hervor, dass die rund 80 Mitgliedsunternehmen einen wertvollen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum leisteten. Auch Gabriele Nießen, seit Anfang Februar 2020 die neue Bremer Staatsrätin im Senatsressort Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungswesen, verwies auf die Wichtigkeit einer intensiven Zusammenarbeit. Für sie ist, neben der Mobilitäts- und Wärmewende, die Wohnraumschaffung eine der drängendsten Aufgaben. Mit dem gemeinsamen Ziel, lebenswerte und zukunftsfähige Wohnstandorte zu schaffen, freut sich Gabriele Nießen auf den kompetenten Austausch mit dem BFW und der Branche.

Wird sich der Markt entspannen?

Was das Jahr 2020 für die Immobilienwirtschaft mit sich bringt, stellte Professor Dr. Tobias Just, Geschäftsführer unwissenschaftlicher Leiter der IREBS Immobilienakademie an der Universität Regensburg, heraus. Demnach bleibt die Nachfrage nach Wohn- und Gewerberäumen in Deutschland auch in diesem Jahr hoch, auch wenn sich die Konjunktur bereits leicht abgekühlt hat. Da unterdessen zwar etwas mehr, aber keineswegs ausreichend viel gebaut wird, weil sich zudem die Zuwanderung in die Städte abschwächt und die öffentliche Hand mit zum Teil drakonischen Maßnahmen reagiert, dürfte der Aufwärtsdruck auf die Mieten nachlassen.
Für die Wohnungspreise gilt dies hingegen wohl nicht, so Prof. Dr Just weiter, da das Zinsumfeld die Anlage-Alternative für private und institutionelle Anleger begrenzt. Die Luft auf den Immobilienmärkten werde zwar angesichts rasant gefallener Mietrenditen dünner, doch im Vergleich zu gängigen Alternativen, erweise sich die Immobilie immer noch als „sicherer Hafen”. Dennoch wird es seiner Einschätzung nach zu Verschiebungen auf den Immobilienmärkten kommen. So weichen Anleger zunehmend in „weniger befahrene Hafenbecken” aus, beispielsweise in Projektentwicklungen, Betreiberimmobilien oder kleinere regionale Märkte.

Was braucht es für mehr Wohnungsbau?

In der abschließenden Diskussion unter der Moderation von Marion Hoppen, Pressesprecherin BFW-Bundesverband, ging es um die Frage, wie alle Beteiligten gemeinsam den Wohnungsbau ankurbeln können. Die Hemmnisse waren schnell identifiziert und die Liste lang und vielschichtig. Über die Lösungen hingegen wurde kontrovers diskutiert. Einer der Indikatoren waren die hohen Grundstückskosten, die teilweise bis zu 30 Prozent der Gestehungskosten ausmachen, wie Professor Just erläuterte. Conrad von Meding, HAZ-Redakteur, verwies darauf, dass die Grundstücksvergabe zum Höchstgebot die Preise unnötig in die Höhe treibe. Christian Meyer, Wohnungsbaupolitischer Sprecher Bündnis 90/Die Grünen, regte an, stärker in die Höhe, statt neu zu bauen und hierfür in Teilen auch auf Stellplätze zu verzichten. Im Fokus der Diskussion standen allen voran die gesetzlichen Vorgaben und zunehmenden Regulierungen. Von Brandschutz über Barrierefreiheit bis hin zu energetischen Auflagen – Conrad von Meding sprach von einer regelrechten Vorschriftenflut und fasste zusammen: „Wir organisieren uns handlungsunfähig. Die Vorgaben sind zu viel des Guten“.

Im Fokus der Podiumsdiskussion standen allen voran die gesetzlichen Vorgaben und zunehmenden Regulierungen - von Brandschutz über Barrierefreiheit bis hin zu energetischen Auflagen. Martin Dornieden: „Wir gehen weit über das hinaus, was hilfreich ist. Alle müssen das mitbezahlen.“ (Foto: Niklas Krug)

Groß war das Interesse auch an den verschiedenen Panels zu den Themen Wohnungsbau, Human Ressources, Technik und Verwalter-Forum. (Foto: Niklas Krug)

Diese Ansicht vertrat auch Martin Dornieden, Geschäftsführer der DORNIEDEN Gruppe: „Wir gehen weit über das hinaus, was hilfreich ist. Alle müssen das mitbezahlen.“ Daher schlägt er vor, zunächst den Bedarf zu ermitteln und dann angepasst zu handeln. Ebenso sind Standardisierung, Typisierung und Effizienzsteigerung mögliche Stellhebel der Wohnungswirtschaft, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dazu müssen gleichermaßen und schnellstmöglich politische Rahmenbedingungen verbessert werden. Auch Martin Bäumer, Baupolitischer Sprecher der CDU, sieht in den politischen Rahmenbedingungen eine große Stellschraube: „Mehr Wohnraum kann nur entstehen, wenn mehr Bauland ausgewiesen wird und Baugenehmigungen schneller erteilt werden. Bürokratische Regelungen müssen konsequent zurückgedrängt werden. Auf Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Wohnungsbauvorhaben sollte zeitweise verzichtet werden“, so Bäumer.

Insgesamt wurde deutlich, dass es bislang keine Patentlösung für die schnelle Schaffung von Wohnraum gibt. Die Forderungen der Wohnungswirtschaft sind jedoch eindeutig: Die Ausweisung von mehr Bauland, die Entschärfung von Regulierungen und die Bereitstellung verlässlicher Förderbedingungen sowie eine konstruktive Zusammenarbeit, um dem Bedarf an Wohnraum nachzukommen. Dabei wurde deutlich herausgestellt, dass alle Beteiligten – von Politik über die Wohnungswirtschaft bis hin zu den Medien – ihrer Verantwortung nachkommen müssen und Lösungen nur im gemeinsamen Schulterschluss aller Akteure liegen. Dass man in Niedersachsen und Bremen den richtigen Weg beschreitet, zeigten die Gespräch beim Landesverbandstag des BFW-Niedersachsen/Bremen.

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