Auf ein Wort…

Veröffentlicht am 1. September 2021

BFW-Geschäftsführer David Jacob Huber vom Landesverband Niedersachsen / Bremen. (Foto: BFW)

wir erleben in den letzten Tagen und Wochen, dass sich vieles relativiert und verändert hat. Deutschland steht mitten in einem wohl einmaligen Wahlkampf, in Niedersachsen bereiten wir uns zudem auf die Kommunalwahlen vor. Seit mehr als 15 Monaten hält uns die Pandemie unter Druck. Und seit dem 15. Juli halten uns die Nachrichten aus Süddeutschland in Atem.

Diese Ereignisse nehmen zu. Und die Folgen werden leider immer dramatischer. Das aber allein mit dem Klimawandel zu begründen, wäre falsch und nur die halbe Wahrheit. Es ist sicherlich so, dass der Klimawandel, der zweifelsohne zu beobachten ist, einen großen Anteil an den Wetterereignissen von heute hat. In meiner Jugend, die ich in Österreich verbracht habe, gab es noch richtige Winter mit durchgehend Schnee von November bis März. Das Lied „Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt“ hat damals noch gegolten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir als Kinder im März losgezogen sind und die Schneeglöckchen gesucht haben. Die Sommer waren ausgeglichen, es gab Wochen, wo es schön und trocken war und die Bauern die Heuernte einfahren konnten. Aber dann gab es auch wieder tagelangen Regen. Die Böden waren durchgehend nass und fruchtbar. All das gibt es nicht mehr und das ist eine Folge der Klimaveränderung.

Die Folgen der Unwetter jedoch, die haben noch ganz andere Ursachen: Seit vielen Jahren nimmt die Technisierung im ländlichen Raum zu. Immer mehr Straßen werden gebaut, Bahngleise werden verlegt und die Landschaft wird versiegelt. Der Wald, der in vielen Teilen des Landes schon schwer geschädigt ist, kann einem Starkregen nicht mehr standhalten. Gesunder, fitter Wald kann normalerweise Unmengen von Regenwasser innerhalb kürzester Zeit aufnehmen. Doch die ausgetrockneten Böden heute sind nicht mehr dazu in der Lage. Der Regen spült die trockene Erde in die Bäche, diese treten über die Ufer und finden dort aufgrund der Bebauung keinen Platz mehr. So schaukelt sich ein Starkregen zu einer Katastrophe hoch, wie wir sie jetzt erleben mussten. Jetzt stehen wir fassungslos vor den Trümmern einer ganzen Region. Jetzt sind wir, die wir nicht betroffen sind, gefordert. Jetzt müssen wir unseren Wohlstand teilen und den betroffenen Menschen helfen. Viele Familien haben den Verlust von Angehörigen und gleichzeitig auch den Verlust der eigenen Existenz zu beklagen. Innerhalb weniger Stunden haben sie alles verloren. Mittlerweile gibt es viele Hilfsaktionen.

Wir als BFW Landesverband haben uns daher entschieden, keine eigene Aktion zu starten, sondern die Hilfsaktion des BFW Bundesverbandes zu unterstützen und zu fördern. Die Informationen dazu finden Sie hier: BFW Newsroom – #BFWhilft: Aktion für Flutopfer gestartet. Liebe Leser, jeder Euro, jeder Cent ist jetzt hilfreich. Lassen wir unsere Nachbarn nicht im Stich. Nur gemeinsam als Bürger können wir die Folgen dieser Katastrophe bewältigen und den Menschen im Krisengebiet wieder eine Zukunft ermöglichen. Wir müssen jetzt aber auch aus den Ereignissen lernen. Die Politik diskutiert und aufgeregt darüber, wer am Versagen des Frühwarnsystems Schuld hat oder ob es dieses Versagen überhaupt gegeben hat. Diese Diskussion ist nicht hilfreich. Es wäre angebracht darüber zu reden, wie wir der Natur wieder ihren Platz geben können. Und wie wir es schaffen, wieder gesunde Wälder in den Bergen zu haben, die Wasser aufnehmen, es speichern und kontrolliert abgeben. Und gleichzeitig unser Klima beruhigen und für saubere Luft und mehr Sauerstoff sorgen. Wir müssen darüber reden, wie wir unser technisches Know-how und Wissen einsetzen, um unsere Dörfer und Städte zu schützen.

Wissen Sie, ich war zur Eröffnung des Klimahauses in Bremerhaven vor Ort und ich glaube, ich war einer der ersten, die sich die Ausstellung dort angesehen haben. Ein Teil der Ausstellung befasst sich auch mit der Schweiz als Vertreter der Alpen. Wenn Sie am Ende der Ausstellung noch die einzelnen Familien in ihren Wohnungen besuchen, erfahren Sie, wie die Zukunft 2050 aussehen könnte:

Die Familie aus der Schweiz hat ihre Heimat, ein Bergdorf in den Alpen, verlassen. Das haben sie nicht freiwillig getan. Im Laufe der Jahre haben dort die Felsabbrüche zugenommen, Menschen sind unter Tonnen von Steinen begraben worden. Die Murenabgänge haben Leib und Leben bedroht und ganze Dörfer ausgelöscht. Die Almen wurden unbenutzbar für die Bauern, die Weidetiere haben aufgrund der trockenen Sommer nicht mehr genügend Gras gefunden. Murmeltiere sind ausgestorben. Ganze Regionen sind verwildert, immer mehr Menschen haben sich in den Städten eingefunden, die „aus allen Nähten“ platzen. Das war vor 10 Jahren noch eine Vision, die unglaublich weit weg war. Aber sie rückt immer schneller, immer dramatischer näher. Noch hätten wir die Möglichkeit, eine Umkehr zu schaffen. Noch – aber es ist „5 nach 12“.

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