Veröffentlicht am 1. September 2024
Die neue Schornsteinfegerschule im Nordwesten Hannovers. (Foto: Olaf Mahlstedt)
Mit dem neuen Campus an der Hollerithallee im Nordwesten Hannovers haben sich die Schornsteinfeger von Niedersachen und Bremen ein neues, urbanes und zugleich grünes Zentrum geschaffen. Ursprünglich auf verschiedene Standorte verteilte Funktionen, liegen nun gebündelt direkt in Hannover-Marienwerder an der B6, wodurch unnötige Wege durch den Stadtraum vermieden werden.
Den Eingang markiert der kräftige Baukörper des Instituts für Gebäudelüftung. Das leuchtende Logo aus Cortenstahl und der Mauerwerksverband transportieren weithin sichtbar den hohen Anspruch an gutes Handwerk und bilden den Auftakt zu einem modernen Wissen-, Arbeits- und Lebensraum mit hervorragender Aufenthaltsqualität. Das bestechend Schöne am neuen Campus ist die ruhige Einbettung in den grünen Landschaftsraum mit den hohen, alten Bäumen. Der Ort entwickelt seine Kraft, seine Identität und besondere Atmosphäre aus einem Wechselspiel zwischen dem „steinernen Rot“ und dem „natürlichen Grün“.
Diesen Gestaltungsgedanken folgten schon im Architektenwettbewerb die Entscheidungen das Gebäudeensemble um die erhaltenswerten Bäume herum zu planen, eine autofreie Mitte zu formen und mit wenigen Farben (rot) sowie ursprünglichen, robusten und haptisch hochwertigen Materialien (Ziegel und Beton) zu arbeiten. Im westlichen Eingangsbereich ist ein urban geprägter, platzartiger Raum entstanden. Dieser bildet ein Zentrum, zu welchem sich alle Gebäude und die gemeinschaftlich genutzten Freizeitflächen des Internatsgebäudes orientieren. Im südöstlichen Grundstücksteil schließt sich kontrastierend ein begrünter, kontemplativer Ort mit hohem Baumbestand an. Die Mensa, die Verwaltung, die Seminarräume und ein Teil der Internatszimmer orientieren sich zu diesem Grün. Es gibt zahlreiche Ausblicke und fließende Übergänge in den angrenzenden Landschaftspark, was das Wohlbefinden stärkt.
Die Mensaterrasse kann sowohl für entspannte Mittagspausen, für Besprechungen oder von schulischen Lerngruppen genutzt werden. Diese besondere Atmosphäre und verschiedene noch vorgesehene Angebote vor Ort wie Tischtennisplatten, ein Bolzplatz oder Stellplätze für Fahrräder und die Anbindung an den umgebenden Grünraum fördern den Aufenthalt vor Ort. Wenn es doch jemanden in die Innenstadt zieht, ist das über den direkten Stadtbahnanschluss vor der Haustür auch mit den „Öffis“ möglich. Im Inneren gibt es größere und kleinere Begegnungs- und Aktionsorte. Die Farbigkeit und die Materialität sind dabei zurückhaltend warm. Akzente werden vor allem durch Holz und dezente Farbtupfer, wie in der Mensa und der Lounge, gesetzt. Trotz des großen Bauvolumens ist es zusammen mit dem Fachplanerteam gelungen, 40 Prozent des Grundstücks nicht zu versiegeln und Teile des Regenwassers in Mulden zu versickern. Dies führt zu einer hohen Nutzungs- und Funktionsdichte im Inneren.
So sind zum Beispiel im Eingangsgebäude unterschiedlichste Nutzungen wie Hörsaal, Fitnessstudio, Werkstätten, Verwaltung und Shop auf kleinem Fußabdruck gestapelt. Die Hörsaaldecke und das Tragwerk der Versuchshalle wurden in Holz errichtet. Entstanden ist ein ruhiger, identitätsstiftender Ort mit hervorragenden Aufenthaltsqualitäten. Das Projekt zeigt deutlich, mit welcher Ernsthaftigkeit über die Zukunftsfähigkeit des Schornsteinfegerhandwerks nachgedacht wird. Sichtbar wird, welchen hohen Stellenwert die Bildung und Fortbildung sowie die Mitgestaltungsfähigkeit dem Schornsteinfegerhandwerk inne wohnt.