Streit vor Gericht wegen Herbstlaub

Veröffentlicht am 1. Oktober 2023

Für die einen ist es schön anzusehen, das Herbstlaub, das jedes Jahr in großen Mengen von den Bäumen fällt. Für die anderen stellt es in erster Linie eine Belastung dar, weil sie es vom Bürgersteig aufkehren müssen. Es kommt zu Streitfällen, die immer wieder vor Gericht verhandelt werden - häufig dann, wenn ein Grundstückseigentümer der Meinung ist, aus dem Garten des Nachbarn werde zu viel Laub zu ihm herübergeweht.

Wenig Chancen hat ein Anwohner immer dann, wenn die Beeinträchtigungen durch das Laub ortstypisch sind und sich „in einer stark durchgrünten Wohngegend“ abspielen, „wo auf nahezu allen Grundstücken Laubbäume unterschiedlicher Art stehen“. Dann muss es der Nachbar einem Urteil des Amtsgerichts München (Aktenzeichen 114 C 31118/12) zu Folge dulden, wenn er drei bis vier Mal im Jahr die Regenrinne von Blättern befreien und mehrere Tonnen voll Laub entsorgen muss.

Und was geschieht, wenn Laubbäume zwar den landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand zum Nachbarn nicht einhalten, gleichzeitig aber wegen des Ablaufs von Fristen nicht mehr gefällt oder zurückgeschnitten werden dürfen. In dieser Fallkonstellation sprach der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 8/17) dem geplagten Nachbarn einen Ausgleichsanspruch zu. Für den erhöhten Reinigungsaufwand – Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen – habe er einen finanziellen Ausgleichsanspruch. Hier handelte es sich um 2.000 Euro pro Jahr. Manchmal ist das Problem auch schlicht mit einer Beseitigung überhängender Äste zu lösen. So entschied es das Landgericht Dortmund (Aktenzeichen 3 O 140/10) im Falle mehrerer 10 bis 15 Meter hoher Lärchen, die einem benachbarten Anwohner schwer zu schaffen machten.

Er klagte darüber, dass es auf seinem Grundstück regelmäßig wegen der Lärchennadeln zu einer Rohrverstopfung komme, die nur von einem Fachunternehmen beseitigt werden könnte. Auch der Filter seiner Teichpumpe sei immer wieder verstopft. Viele Hausbesitzer trifft regelmäßig die Pflicht, den Weg vor ihrem Grundstück von Laub – wie auch von Schnee und Eis – zu befreien. Manchmal ergibt sich diese Pflicht erst dadurch, dass ein Weg in eine andere Kategorie des Straßenreinigungsverzeichnisses aufgenommen wird. Eine 95-jährige Anwohnerin sah sich dadurch überfordert und bat um Befreiung. Sie könne die behördliche Änderung des Verzeichnisses nicht nachvollziehen. Das Verwaltungsgericht Berlin bestätigte die Verpflichtung. Notfalls müsse die Betroffene Dritte mit dieser Aufgabe betrauen. (Aktenzeichen VG 1 L 299.14)

Auch auf Mieter kommen im Zusammenhang mit der Gartenpflege und Bäumen Verpflichtungen zu. Doch diese haben ihre Grenzen. So stimmte das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße (Aktenzeichen 5 C 73/08) einem Mieter zu, der sich weigerte, über die Nebenkosten mit knapp 500 Euro an Baumfällarbeiten beteiligt zu werden. Baumfällarbeiten insbesondere zur Gefahrenabwehr zählen nicht zu den übertragbaren Pflichten, da die Beseitigung einer Gefahrenquelle als Instandhaltungsmaßnahme nicht über die Betriebskosten umlagefähig ist.

Für besonders ärgerlich halten es Anwohner, wenn sie im Wege der Straßenreinigungspflicht Laub von Bäumen beseitigen sollen, die ihnen gar nicht gehören. Ein Betroffener verwahrte sich vor Gericht dagegen, die Blätter gemeindlicher Eichen immer wieder aufzukehren. Das Verwaltungsgericht Lüneburg (Aktenzeichen 5 A 34/07) bestand jedoch darauf. Einfache Arbeiten, die mit Hilfe von Schaufel und Karren erledigt werden könnten, seien zumutbar. Das habe aber noch keinen Zwangsarbeitscharakter.

Ähnlich wie bei Schneefall kann man auch bei Laubfall nicht erwarten, dass Grundbesitzer mit dem Besen ständig bereitstehen, um neue Gefahren zu beseitigen. Am Beispiel eines Weges auf einem Klinikgelände stellte das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 11 U 16/13) fest, dass nicht schon zwei Stunden nach dem letzten Kehren erneut gekehrt werden müsse, selbst wenn erneut viel Laub gefallen sei. Ein Passant war gestürzt und hatte wegen erlittener Rückenverletzungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro gefordert. Das Gericht legte auch noch fest, dass im Regelfall ein Weg von einer solchen Breite freigehalten werden solle, dass zwei Menschen aneinander vorbeigehen könnten.

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