Alle müssen einen Beitrag leisten

Veröffentlicht am 2. Oktober 2022

Dr. Ulf Meier, Vorstandsmitglied der landeseigenen Investitions-und Förderbank des Landes Niedersachsen (NBank) stellte sich den Fragen von David Huber, Geschäftsführer des BFW-Niedersachsen/Bremen. (Foto: BFW / Online-Mitschnitt)

Der Wohnungsmarkt steckt weiter in der Krise. Die allseits propagierte Lösung heisst: Bauen, bauen und nochmals bauen. Aber: Zahlreiche Herausforderungen lassen das erklärte Ziel, einen Zubau von 400.000 Wohneinheiten jährlich, in weite Ferne rücken. Ohne staatliches Handeln, um eine Optimierung aller mit dem Bauen in Verbindung stehenden Prozesse zu erreichen, wird das nicht gelingen. Alle Akteure aus Politik, Wirtschaft und Industrie sind aufgerufen, sich einzubringen - und auch private Investoren sind angehalten, sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu werden.

Vor diesem Hintergrund interviewte jetzt David Huber, Geschäftsführer des BFW-Niedersachsen/Bremen, Dr. Ulf Meier, Vorstandsmitglied der landeseigenen Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen (NBank), zu aktuellen Problemen der Bau- und Wohnungswirtschaft und was die Verantwortlichen dort beabsichtigen, ihren Teil zu einer Lösung beizusteuern. HAUS und GRUNDBESITZ veröffentlicht nachstehend in überarbeiteter Form das live geführte Online-Gespräch.

Die NBank ist die Förderbank des Landes Niedersachsen. Das heißt, viele Förder-Euro, die in Niedersachsen ausgeschüttet werden, läuft über die NBank. Diese hat nicht nur die Aufgabe, die Gelder zu verteilen, sondern auch zu kontrollieren, was damit geschieht.

Daneben erfüllt die Investitionsbank auch noch eine für die Wohnungswirtschaft sehr wichtige andere Funktion: Sie führt nämlich die „Wohnungsmarktpolitische Beobachtung“ durch und erhebt dort auf wissenschaftlicher Basis die aktuellen Zahlen, Daten, Fakten und Megatrends – auch unter Mitwirkung des BFW-Niedersachsen/Bremen. Dabei wird ermittelt, wohin die Bevölkerung tendiert und wie sich die Wohnungspolitik in Niedersachsen entwickelt. Das ist dann die Grundlage für die politische Arbeit der Landesregierung.

Huber: In diesem Kontext hat die NBank zum Thema „Wohnraumförderung“ eine Kampagne unter dem Titel „Investition mit Haltung“ ins Leben gerufen. Was steckt dahinter?

Dr. Meier: Diese Kampagne haben wir bewusst so genannt, weil wir durch die Investition in den sozialen Wohnraum- und Wohnungsbau auch eine Haltung zum Ausdruck bringen wollen. Neben einer voraussichtlich sicheren Rendite, kommt mit diesem Slogan eben auch sehr klar heraus: Wir tun etwas für die Gesellschaft als Investoren und wir geben auch ein bisschen was zurück. Damit wollen wir unsere traditionellen Kundenkreise ansprechen: Das sind Wohnungsbaugesellschaften, die kommunalen, insbesondere aber auch die Wohnungs-Genossenschaften, wie auch vermehrt private Investoren. Dazu gehören vorrangig auch die Unternehmen, die im BFW-Niedersachsen/Bremen organisiert sind. Diese Zielgruppe ist für uns sehr interessant, weil sie besonders leistungsstark ist. Wir haben da auch schon eine größere Nachfrage festgestellt und das macht uns natürlich sehr zufrieden.

Huber: Viele private mittelständische Unternehmen haben sich mit den kommunalen Unternehmen zusammengetan, gemeinsame Projekte entwickelt. Unsere Unternehmen sind daran interessiert, für die Bürger bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Getreu dem Motto: Was nützt es, wenn wir Wohnungen bauen, die dann aber in Folge des notwendigen Mietzinses nicht vermietet werden können oder die am Bedarf vorbeigehen. Dass unsere Unternehmen mittlerweile ein relativ großes Finanzvolumen bei der NBank abrufen, zeigt, dass sie Markterfordernisse erkannt haben und danach handeln. Aber nochmal zurück zu der aktuellen Kampagne „Investitionen mit Haltung“. Was ist das Ziel, wo wollen Sie hin, was bezwecken Sie mit dieser Initiative?

Dr. Meier: Nicht nur in Niedersachsen, sondern in der ganzen Bundesrepublik gilt: Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum. Die Mieten steigen überall und es ist für viele Familien, aber auch für viele Alleinstehende kaum noch möglich, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die Nachfrage ist um ein Vielfaches größer als das Angebot und gerade was den sozialen Wohnungsbau anbetrifft, ist es eben auch so, dass viele Wohnungen, die in den 90er Jahren gebaut wurden, jetzt aus der sozialen Bindung herausfallen und dann auf den freien Markt kommen und somit auch immer weniger bezahlbare Wohnungen verfügbar sind. Das war der Grund für uns, zusammen mit dem Bauministerium diese Kampagne ins Leben zu rufen. Wie bereits erwähnt, sollte insbesondere bei den privaten Investoren das Interesse geweckt werden, zu investieren. Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung kommt von der Einkommenshöhe her für die soziale Wohnraumförderung in Betracht. Das ist also nicht ein kleiner Teil der Gesellschaft. Wir bieten neben Planungssicherheit, die für alle Unternehmen wichtig ist, auch die Gewähr, für eine sichere Miete und natürlich auch gute Förderbedingungen. So können Investoren bis zu 35 Jahre ein zinsfreies Darlehen bekommen. Unter Umständen auch einen Tilgungsnachlass bis zu 30% und die Renditemöglichkeiten bis zu 4% können sich, zumindest unter den heutigen Bedingungen, ebenfalls sehen lassen. Das macht aus unserer Sicht den sozialen Wohnungsbau durchaus attraktiv – und es gibt auch schon eine Menge an Kooperationen zwischen den kommunalen Wohnungsgesellschaften, Wohnungsgenossenschaften und den Privaten, die gemeinsam Wohngebiete und Quartiere entwickeln. Wir haben das in Hannover ganz aktuell im größten Wohnbaugebiet Niedersachsens, in Kronsrode: Dabei geht es uns besonders darum, möglichst viele potenzielle Bauherren zu motivieren, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren und so auch, das sagt der Name, ihre Haltung zum Ausdruck zu bringen, etwas für die Gesellschaft zu tun.

Huber: Wir haben im Rahmen der „Konzertierten Aktion“ bereits mehrfach über den Rückgang der geförderten oder gebundenen Wohnungen diskutiert und gemeinsam auch sehr intensiv an den Förderprogrammen gearbeitet. Herausgekommen ist eines der modernsten und praktikabelsten Wohnraum-Förderprogramme in ganz Deutschland. Mancher blickt neidvoll nach Niedersachsen, was hier möglich ist: Unser Bundesland hat die größte Quote an privaten Unternehmen, die die Wohnraumförderung oder die Förderprogramme in Anspruch nehmen – über die KFW hinaus. Das ist das Ergebnis jahrelanger, vertrauensvoller Kommunikation zwischen den verschiedenen Ministerien, anderen Verbänden und vor allem führend immer wieder der NBank, die den wissenschaftlichen Input beisteuert. Jetzt aber haben wir eine dramatisch veränderte Situation: Die Zinsanpassungen gehen nach oben, die Zinsen steigen. Wir kämpfen mittlerweile mit Versorgungsengpässen bzw. Materialengpässen, die Baupreise explodieren förmlich. Wie wollen wir oder wie werden wir jetzt damit umgehen, was kommt in Zukunft da auf uns zu? Und die Frage stellt sich: Kommt die Kampagne jetzt nicht zur falschen Zeit oder möglicherweise sogar zu spät?

Dr. Meier: Mehrere negative Faktoren kommen derzeit zusammen. Aber ich glaube, dass wir gerade mit unseren Möglichkeiten an mancher Stelle Entlastung schaffen können. Ein Beispiel: Die Marktzinsen sind in den letzten Monaten deutlich gestiegen, sie haben sich verdreifacht. Da wird die Wohnungsbauförderung der NBank besonders attraktiv, zumal die vergebenen Darlehen weiterhin zinslos sind. Dass die aktuelle Offerte der NBank in die Zeit passt, zeigt sich insbesondere bei der derzeit starken Nachfrage. Wie sich die Baupreise weiter entwickeln werden bzw. wann sie sich wieder normalisieren, bleibt abzuwarten. Beim Holz z.B. hat sich der Preisanstieg schon ein bisschen verbessert. Ich glaube, wir kommen mit der Kampagne genau zum richtigen Zeitpunkt. Die bundesweite Aufmerksamkeit, die das Förderprogramm der NBank erzielt, bestätigt die Richtigkeit unseres Handelns.

Huber: Lassen Sie mich auf einen anderen Punkt eingehen, der die Gesellschaft im Allgemeinen betrifft: Von kommunaler Seite ist häufiger zu hören, dass es Vorbehalte gegenüber dem Geschosswohnungsbau, vor allem dem sozialen Wohnungsbau gibt. Soll heißen, man will eigentlich gar nicht den geförderten Wohnungsbau vor Ort haben, weil dieser angeblich Geringverdiener anzieht, die ihrerseits den Kommunen viel Geld kosten. Wie sehen Sie das und was kann man dagegen tun? Ein ganz wichtiges Argument ist auch, dass gerade Berufsanfänger oder Berufseinsteiger nicht die Topverdiener sein können und den geförderten Wohnraum brauchen, um sich eine Existenz aufbauen zu können. Deshalb ist der soziale Wohnungsbau für die Kommunen, aber auch die Gesellschaft wichtig. Was macht die NBank in diesem Bereich?

Dr. Meier: Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung hätte die Möglichkeit, den sozialen Wohnungsbau in Anspruch zu nehmen. Da kann man nicht sagen, dass dies nur eine Randgruppe wäre, sondern, dies sind auch junge Menschen, die am Berufsanfang stehen und einfach nicht so viel Geld haben, um hohe Mieten bezahlen zu können. Manche Kommunen haben vielleicht auch Vorbehalte, das gibt es häufiger in kleineren Orten, insbesondere dort, wo man mehr auf Eigenheime bauen möchte. Aber da stellen wir auch einen anderen Trend mittlerweile fest. Es ist also ein Umdenken festzustellen, weil man auch sagen muss, dass viele junge Familien sich ein Eigenheim infolge der hohen Baupreise nicht mehr leisten können. Auch die Zinsen steigen und da sind wir als NBank mit unserem sozialen Wohnungsbau diejenigen, die in die Lücke springen. Das setzt aber voraus, dass die Kommunen entsprechende Baugebiete für den Geschosswohnungsbau ausweisen. Aber auch hierbei stellen wir wirklich einen neuen Trend fest: In großen Ballungsgebieten war das nie ein Thema. In kleineren Orten war der Geschosswohnungsbau bzw. soziale Wohnungsbau oftmals nicht leicht durchzusetzen. Aber: Wir haben jetzt wirklich große Nachfrage, auch von Wohnungsgesellschaften, die in kleineren Orten bauen und die unsere Wohnraumförderung in Anspruch nehmen.

Huber: Auch die privaten Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass der soziale Wohnungsbau ein interessanter Ertragsfaktor sein kann, um langfristig stabile Erträge zu erzielen und einen eigenen Bestand aufzubauen. In Sehnde bei Hannover haben wir beispielsweise so ein Unternehmen, dass sich voll auf den sozialen Wohnungsbau konzentriert. Da gab es bereits mehrere Gespräche zwischen ihrem Haus und diesem Unternehmen. Die NBank ist nicht nur eine Bank, die Geld gibt, sondern die wirklich auch aktiv auf die Unternehmen zugeht, die Situation im Ort analysiert, wo gebaut werden soll, die Situation des Unternehmens beleuchtet und schließlich das Unternehmen durch den Weg zur Förderung führt. Das ist ein Service, eine Dienstleistung, die andere Förderbanken nicht bieten.

Dr. Meier: Wir haben mit der schon erwähnten Wohnungsmarktbeobachtung ein Instrument an der Hand, das wissenschaftlich fundierte Untersuchungen liefert, wie sich der Wohnungsmarkt in Niedersachsen entwickelt. Die so erzielten Ergebnisse reichen detailliert bis in die Region hinein und das versetzt uns in die Lage, zu sagen, wo noch Bedarf ist und wo vielleicht künftig ein solcher Bedarf auch zurückgeht. Die Zusammenarbeit mit dem BFW, aber auch dem VDW und anderen Wohnungsbauunternehmen zeigt, wie wichtig und effektiv auch das Bündnis für bezahlbares Wohnen ist. Es sind ja nicht nur die Verbände der Wohnungsunternehmen, sondern auch der Mieterbund und viele andere soziale Institutionen mit dabei. Dabei werden die unterschiedlichen Interessenlagen deutlich, Kompromisse können gefunden werden.

Huber: Wir haben im Bündnis für bezahlbares Wohnen eine weiteres, besonderes Thema – das betrifft den Arbeitskreis Bau, Technik und Baunormen. Da sind wir wirklich am Überborden von Anforderungen. Inwiefern kann man mit Förderprogrammen oder auch in der Beratung als Bank oder als BFW der Überregulierung zumindest etwas Einhalt gebieten? Und wie kommen wir wieder auf ein vernünftiges Maß bei den Baunormen?

Dr. Meier: Im Vordergrund steht dabei der Dialog mit dem Umwelt- und Bauministerium. Da sind wir im engen Austausch und ich glaube, hier hat auch schon ein Nachdenken stattgefunden, was an Vorgaben wirklich sein muss. Schließlich haben wir teilweise Vorschriften, die man kaum noch erklären kann. Und wir beteiligen uns auch gemeinsam mit der Architektenkammer an einem Projekt, das da heißt: Einfach bauen, Suffizienz im Wohnungsbau. Ziel ist es, herauszufinden, was brauchen wir wirklich – und was ist nur nice to have? Und wichtig ist auch zu wissen: Was treibt die Baukosten tatsächlich in die Höhe? Im Moment wird nach einem Weg gesucht, auf günstigen Grundstücken etwas zu entwickeln, wo man sagt, das ist wirklich kostengünstiges Bauen. Es werden also Lösungen gesucht, die akzeptabel sind und die dennoch gut bewohnbare, schöne Wohnungen zulassen. Manche Dinge sind wahrscheinlich gar nicht erforderlich, manche Standards überzogen, andere einfach nicht notwendig, die bisher aber zwingend vorgeschrieben sind.

Huber: Letztes Jahr wurde die Wohnraumförderung als Ergebnis der Arbeit im Bündnis für bezahlbares Wohnen neu aufgestellt. Auch die Inanspruchnahme und Akzeptanz der unterschiedlichen Förderprogramme hat sich seitdem verändert. Wie hat sich das bei der NBank ausgewirkt? Ist die Bandbreite der Unternehmen, die Mittel abrufen, größer geworden?

Dr. Meier: Wie schon gesagt, die Wohnraumförderung ist im letzten Jahr nochmal deutlich attraktiver geworden. Das merken wir tatsächlich auch an der deutlich gestiegenen Nachfrage im ersten Halbjahr dieses Jahres. Wir können noch nicht genau sagen, worauf dieser Anstieg zurückzuführen ist, aber die Vermutung liegt nahe, dass sich da die höheren Marktzinsen auswirken und so die Attraktivität unseres Angebotes noch deutlicher wird. Insgesamt hat die NBank im ersten Halbjahr 2022 schon mehr als 95.000.000 Euro bewilligt. Das ist eine gute Zahl mit der über 700 Wohnungen errichtet werden sollen. Wie die weitere Entwicklung aussehen wird, müssen wir aber abwarten, schließlich sind die äußeren Rahmenbedingungen aktuell nicht die günstigsten. Wir sind aber nach wie vor sicher, dass wir mit unseren Angeboten wirklich attraktive Konditionen bieten. Ich glaube, es ist tatsächlich die attraktivste Form der Wohnraumförderung, die wir in der Bundesrepublik im Moment haben.

Huber: Das aktuelle Förderprogramm des Landes Niedersachsen ist fortschrittlich. Es ist geeignet, Menschen ein bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dass wir dafür sorgen, dass ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht. Deshalb kommt auch meiner Einschätzung nach die Kampagne gerade zur richtigen Zeit. Wie aber gelangen Interessenten an die Förderungen, die das Land für den Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellt?

Dr. Meier: Das ist relativ einfach. Nach der ersten telefonischen Kontaktaufnahme mit den Kollegen, die bei uns für die Wohnraumförderung verantwortlich zeichnen, folgt ein Beratungsgespräch. Es gibt aber auch die Möglichkeit, sich an eine der Beratungsstellen, die wir an verschiedenen Stellen in Niedersachsen haben, zu wenden und sich dort nach den verschiedenen Möglichkeiten der Förderung zu erkundigen.

Vorab kann man sich auch unter www.nbank.de im Internet informieren. Dort findet man eine Übersicht der Fördermöglichkeiten, übrigens nicht nur für die im sozialen Wohnungsbau, sondern auch alle anderen. Wir haben auch ein neues Kundenportal, das wir im Moment implementieren.

Weitere Informationen erhalten Sie hier.

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