Auf ein Wort

Veröffentlicht am 1. Oktober 2025

BFW-Geschäftsführer David Jacob Huber (Foto: BFW Niedersachsen-Bremen)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Immobilienfreunde, ich bin Mensch, ich bin Netzwerker und ich verfolge seit über 13 Jahren eine Mission: Bezahlbares Bauen und Wohnen für alle zu ermöglichen. Ganz ehrlich, als ich vor 13 Jahren meinen ersten Arbeitstag beim BFW-Landesverband Niedersachsen / Bremen antrat, hätte ich nie gedacht, dass wir heute vor einer derart dramatischen Wohnungsbaukrise stehen würden.

Doch wenn ich mir die aktuelle Wohnungsbaupolitik im Bund und in den Ländern Niedersachsen und Bremen ansehe, frage ich mich: Wo ist der Plan? Wo ist der Mut? Wo ist der versprochene „Wumms“? Die Fakten liegen schonungslos auf dem Tisch: Die Baukosten explodieren, Genehmigungsverfahren dauern Jahre und die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum ist längst nicht mehr nur ein Thema für Geringverdiener – sie hat den Mittelstand erreicht. Die NBank spricht in ihren aktuellen Pressemeldungen davon, dass rund 50 Prozent der Bürger anspruchsberechtigt für geförderten Wohnraum sind. Fünfzig Prozent! Das ist keine Randgruppe mehr, das ist die Mitte der Gesellschaft. Doch gebaut wird kaum noch. Stattdessen erleben wir eine Politik des Zögerns und der Symbolik, während die Krise immer größere Kreise zieht und den sozialen Frieden gefährdet.

Wir, die rund 95 Mitgliedsunternehmen des BFW-Niedersachsen/Bremen, stehen bereit. Wir verantworten, bezogen auf Bremen und die Metropolregionen Niedersachsens, rund 60 Prozent des Geschosswohnungsbaus. Wir wollen bauen, wir wollen investieren und wir wollen unseren Beitrag zur Lösung der Krise leisten. Unsere überwiegend mittelständischen Familienunternehmen schaffen Wohnraum für Menschen jeder Einkommensgruppe – vom geförderten Wohnungsbau bis zum Eigenheim. Durch regionalen Einkauf der Baumaterialien und die Beauftragung von Handwerkerleistungen tragen wir wesentlich zur Beschäftigung und zum Wirtschaftswachstum in den Regionen bei. Doch wir werden von einer Flut aus Bürokratie, überzogenen Standards und einer Steuerlast erstickt, die ihresgleichen sucht. Deutschland gehört mit Gestehungskosten von 5.150 Euro pro Quadratmeter zu den teuersten Ländern Europas. Fast ein Drittel dieser Kosten, etwa 1.500 Euro pro Quadratmeter, werden direkt durch Steuern und öffentliche Abgaben verursacht. Das ist ein Skandal!

Eine Grunderwerbsteuer von 5 Prozent in Niedersachsen und 5,5 Prozent in Bremen ist in der heutigen Zeit ein Brandbeschleuniger für die Baukosten. In den letzten zehn Jahren haben alle Bundesländer, auch Bremen, die Einnahmen über die Grunderwerbsteuern fast verdreifacht. Zusammen mit den Gebühren für Notare, Grundbuch und anderen Nebenkosten erhöhten sich seit 2015 in Niedersachsen die Grundstückskosten um ca. 20 Prozent. Warum senken wir sie nicht auf ein vernünftiges Maß von 3,5 Prozent und befreien das erste Eigenheim komplett von dieser Last? Jede selbstbewohnte Immobilie entlastet den Mietermarkt und den Druck auf die Mietwohnungen. Die Regeln zur Finanzierung von Wohneigentum wurden in den letzten Jahren immer mehr verschärft. Dabei ist besonders die hohe Eigenkapitalquote ein Hinderungsgrund, in eine Finanzierung einzusteigen. Eine Landesbürgschaft in Verbindung mit der Absenkung der Grunderwerbsteuer würde hier für eine Entlastung der bauwilligen Bürger sorgen.

Ein weiteres Thema ist sicherlich auch die Mehrwertsteuer. Mit einem Steuersatz von 19 Prozent auf alle Bauleistungen und Baustoffe trägt sie erheblich zu den hohen Baukosten bei. Die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für Baustoffe und Bauleistungen würde nicht nur eine direkte Kostensenkung um 12 Prozentpunkte bedeuten, sondern auch erhebliche volkswirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Der Multiplikationseffekt einer solchen Steuersenkung würde sich positiv auf vor- und nachgelagerte Industrien auswirken – von der Zement- und Stahlindustrie bis hin zu Handwerksbetrieben und Planungsbüros. Jahrelange Verzögerungen bei den Genehmigungen machen Projekte unwirtschaftlich und verhindern dringend benötigten Wohnraum. Wir brauchen Planungssicherheit und schnelle Entscheidungen! Die umgehende Umsetzung einer „Charta für Infrastruktur“ mit verbindlichen Fristen für Genehmigungsverfahren ist überfällig. Wir fordern die Digitalisierung aller Planungs- und Genehmigungsprozesse bis Ende 2025 und die Einführung einer „One-Stop-Shop“-Lösung für alle baurelevanten Genehmigungen mit maximalen Bearbeitungszeiten von drei Monaten für Standardverfahren und sechs Monaten für komplexe Projekte.

Die Vereinfachung der Bauvorlagenverordnung ist ein weiterer Baustein: Die Reduzierung der umfangreichen Unterlagen, die bei Bauantragsstellung eingereicht werden müssen, und die Vereinfachung der Prüfverfahren für Brandschutz-, Schallschutz- und Lüftungskonzepte würden Kosten und Bearbeitungszeiten erheblich senken. Übermäßige Kontrollen, gerade im einfachen Wohnungsbau, treiben Kosten und Bearbeitungszeiten unnötig in die Höhe. Kommunale Baugenehmigungsbehörden sowie Bauausschüsse fordern gerne und sehr oft Standards, die über die Niedersächsische Bauordnung hinausgehen. Das betrifft oft die architektonische Gestaltung der geplanten Projekte. Die Verpflichtung, bestimmte Fenster, Dächer oder Fassaden zu verbauen, verursacht oft durch Umplanung und teure Materialien hohe Mehrkosten, die aber auf die Wohnqualität keinen Einfluss haben.

Ohne ausreichend qualifizierte Fachkräfte, ist kein Bau-Turbo möglich. Der Fachkräftemangel ist das größte Hindernis für die Branche! Wir brauchen die sofortige Einrichtung von „Arbeitsmarktdrehscheiben“ mit ausreichender finanzieller Ausstattung, die Vereinfachung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Baubereich und eine Attraktivitätssteigerung der Bauberufe durch bessere Arbeitsbedingungen und Entlohnung. Verstärkte Kooperation zwischen Berufsschulen und Unternehmen sowie die Förderung von Umschulungs- und Weiterbildungsprogrammen, sind weitere notwendige Schritte. Es gibt Lichtblicke. Die jüngsten Gespräche des BFW-Vorstands mit Wirtschaftsminister Grant Hendrick Tonne und Staatssekretär Matthias Wunderling-Weilbier in Niedersachsen waren konstruktiv und von gegenseitigem Verständnis geprägt. Das gilt auch für die Sespräche mit Bremens Bausenatorin Özlem Ünsal und Staatsrat Dr. Ralph Baumheier. Das zeigt: Der Dialog ist möglich und der Wille zur Veränderung ist spürbar. Diese äußerst konstruktiven Gespräche geben Hoffnung, dass endlich ein Umdenken stattfindet. Doch auf Worte müssen Taten folgen!

Wir haben konkrete Lösungsvorschläge vorgelegt: Die Förderung des „Hildesheimer Modells“ als Best Practice sowie die Unterstützung und Übertragung innovativer öffentlich-privater Partnerschaften auf andere Kommunen. Das Hildesheimer Modell zeigt konkret, dass innovative Ansätze praktisch umsetzbar sind und bezahlbaren Wohnraum schaffen können. Die Fortschreibung der NBauO-Novellierung für den Neubau ist überfällig. Die Erweiterung der NBauO-Reformen von 2024 auf den Neubau mit gestrafften Genehmigungsverfahren, flexibleren Standards und Raum für innovative Baukonzepte würde den Neubau endlich von übermäßiger Bürokratie befreien. Wohnungsbau und Wohnen sollen nach dem Willen der Bundesregierung nahezu CO₂-neutral sein. Doch eine Festlegung auf bestimmte technische Lösungen, wie z.B. der Wärmepumpe als einziges Mittel zur Problemlösung, muss vermieden werden. Wir fordern eine technikoffene Förderung aller dem Stand der Technik entsprechenden Energielösungen, unter Berücksichtigung von Freiwilligkeit, Wirtschaftlichkeit und sozialer Verträglichkeit.

Die Novellierung der pauschalen Solardachpflicht ist notwendig. Die Einführung einer Einzelfallbetrachtung statt pauschaler Vorgaben mit Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeitsanalyse und spezifischen Gegebenheiten vor Ort, würde unwirtschaftliche Investitionen verhindern. Natur und Naturschutz sind uns sehr wichtig. ABER die Maßnahmen müssen sinnvoll sein und dürfen Wohnbau nicht verhindern. Umweltverträglichkeitsprüfungen in bebauten Gebieten, Ausgleichsflächen für Bauflächen im urbanen Bereich und Schutzmaßnahmen für einzelne Tiere müssen sinnvoll gehandhabt werden. Umsiedlungen von einzelnen Tieren sind zeit- und kostenintensiv. Da es selten vom Aussterben bedrohte Tiere betrifft, fordern wir hier einen konstruktiven Dialog und gegebenenfalls auch Vorrang für den Wohnbau. Wir brauchen keine neuen Arbeitsgruppen, sondern konkrete Maßnahmen. Wir brauchen die Anerkennung von Typengenehmigungen für serielles Bauen und ein Ende der kommunalen Zusatzforderungen, die Projekte unnötig verteuern. Wir brauchen eine verlässliche Förderkulisse, die aber nicht alle paar Monate über den Haufen geworfen wird. Die KfW-Förderung EFH55 muss aufgrund der langen Genehmigungsprozesse verlängert werden.

Kommunen sollen für die Bereitstellung sozialer Infrastruktur, wie Kindertagesstätten, verantwortlich bleiben, anstatt diese Kosten auf Bauträger und Investoren zu übertragen. Die Verpflichtung von Bauträgern zur Erstellung von Kindertagesstätten verteuert den Wohnungsbau um bis zu 150 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Die Fortführung der Entwicklung einer „Norddeutschland-Bauordnung“ mit den Ländern Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein sollte konstruktiv vorangetrieben werden. Viele Unternehmen arbeiten über die Landesgrenzen hinweg und stehen immer wieder vor der Herausforderung, für ein und denselben Haustyp verschiedene Regelwerke beachten zu müssen. Das kostet Zeit und Geld.

Niedersachsen braucht einen echten Wohnungsbau-Turbo statt Symbolpolitik. Nur durch konsequenten Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und pragmatische Lösungen können wir die Wohnbaukrise bewältigen und bezahlbaren Wohnraum für alle Einkommensgruppen schaffen. Die Eigentumsbildung und Altersvorsorge müssen dabei im Vordergrund stehen. Die Zeit für Ausreden ist vorbei. Es ist Zeit, den Wohnungsbau-Turbo endlich zu zünden. Für die Menschen, für die Wirtschaft und für den sozialen Frieden in unserem Land. Die konstruktiven Gespräche zeigen: Der Wille ist da. Jetzt müssen Taten folgen. Wohnbau first!

David Jacob Huber

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