Elektronische Zirkulationsventile

Veröffentlicht am 1. Juni 2024

Zirkulationsventil mit Upgrade zur digitalen Trinkwasserüberwachung. (Foto: Solvis)

Für eine sichere Versorgung mit Trinkwasser ist die Einhaltung der hygienischen Anforderungen in der Trinkwasser-Installation eine Grundvoraussetzung. Das Arbeitsblatt W 551 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) gilt als maßgebliche Richtlinie für die Temperaturanforderungen in Warmwasserinstallationen und schreibt für zentrale Großanlagen eine Mindesttemperatur von 60 °C am Ausgang des Wassererwärmers und 55 °C am Zirkulationsrücklauf vor.

Gleichzeitig ist durch den hydraulischen Abgleich über entsprechende Zirkulationsregulierventile sicherzustellen, dass alle Stränge einer Warmwasserinstallation unabhängig von der Entfernung zum Trinkwassererwärmer und von den jeweiligen Temperaturverlusten der einzelnen Steigestränge ausreichend versorgt werden. Grundsätzlich haben sich in der Praxis thermostatische Zirkulationsregulierventile als Komponente bewährt, wenn sie beim Einbau richtig eingestellt werden und die Zirkulationspumpe den notwendigen Volumenstrom liefert. Zahlreiche Untersuchungen in den letzten 10 Jahren zeigen allerdings, dass in der Praxis der mangelhafte hydraulische Abgleich die häufigste Ursache für ein unzulässiges Legionellenwachstum in zentralen Systemen ist.

Die Ursachen sind häufig langsame Veränderungen im thermohydraulischen Gesamtsystem, die zu Unterversorgung einzelner, oft der vom Trinkwassererwärmer entferntesten Stränge führen:
• Verengung der Rohrquerschnitte durch Kalkablagerungen
• Leistungsminderung der Zirkulationspumpe durch Verschleiß am Laufrad/Motordefekt
• Alterung der Isolierwerkstoff und Anstieg der Wärmeverluste der Rohrleitungen
• Ausfall einzelner Komponenten

Da die in den technischen Regelwerken wie VDI/DVGW 6023 und VDI 3810-2 vorgeschriebenen halbjährlichen Inspektionen praktisch kaum durchgeführt werden, werden die Mängel nicht direkt, sondern erst durch die Folgewirkung in Form eines erhöhten Legionellenwachstums bei Untersuchungen erkannt.

Elektronische Ventilantriebe ohne Kabel ermöglichen kostengünstige Lösung

Mit neuartigen, elektronischen und kabellos zu installierenden Antrieben kann dieses Problem jetzt einfach gelöst und ein dauerhaft sicherer hydraulischer Abgleich durch permanente Kontrolle garantiert werden. Die permanente Kontrolle erfolgt dabei über intelligente und zentrale gesteuerte Dashboards, welche bei einigen Messdienstleistern und Anbietern von Energiemanagementsystemen bereits heute zum festen Bestandteil des Portfolios gehören. Nachfolgend sollen Ergebnisse einer Umrüstung von thermostatischen, hin zu elektronischen Zirkulationsventilen der Firma BlueLeaf Technology (ein Unternehmen der Solvis Gruppe) dargestellt werden:

Betrachtet wurden 8 Warmwasserstränge in einem Mehrfamilienhaus. Bei einer Voranalyse der Warmwassersolltemperaturen hatte sich ein Bild mit hohem Schwingungsgrad und großen Temperaturunterschieden ergeben. Zwischen dem kältesten und dem wärmsten Strang lagen zwischenzeitlich 9° C Temperaturunterschied an. Eine Unterschreitung, der für die Hygiene vorgeschriebenen 55° C, wurde dabei regelmäßig gemessen. Daraus ergeben sich zwei Problemfelder: Einerseits ist die Hygiene in nicht abgeglichen Systemen maßgeblich gefährdet, andererseits ist die gewünschte Energieeffizienz nicht gegeben. Nach Upgrade der Hydraulik durch elektronische Zirkulationsventilantriebe ergibt sich ein deutlich verbessertes Bild des Systems. Die Temperaturen regeln sich automatisch auf einen voreingestellten Sollwert ein und bewegen sich konstant um diesen.

Automatische Überwachung und Alarmmeldungen

Jeder elektronische Zirkulationsantrieb verfügt über 2 Temperatursensoren zur Messung der Warmwassertemperatur und der Umgebungstemperatur. Die Messung der Temperaturen erfolgt alle 5 Minuten, über 3 Messungen wird alle 15 Minuten der Mittelwert gebildet und vom integrierten Funkmodul des Ventilantriebs per LoRaWAN an das Gateway versendet und im Dashboard dargestellt.

Für die Ermittlung des aktuellen Ventilöffnungsgrades wird ein Mittelwert über 12 Temperaturmessungen des Zirkulationsrücklaufs gebildet und mit dem Sollwert verglichen. Bei Abweichungen wird die Ventilposition angepasst, die Daten werden ebenfalls per Funk übermittelt und im Dashboard dargestellt. Gleichzeitig ist der Status aller Ventile schnell und einfach in einer
Übersichtsampel sichtbar. Dabei bedeuten:
Grün: Zirkulationstemperatur entspricht dem
Sollwert -1 oder +2 Kelvin über 8 Stunden
Gelb: Zirkulationstemperatur weicht vom
Sollwert ab > +2 / < -1 über 8 Stunden Rot: Zirkulationstemperatur weicht vom Sollwert ab > +/- 5 Kelvin über 2 Stunden
Parallel werden im Falle von Abweichungen Status gelb und rot
automatisch Alarmmeldungen generiert und an die eingetragenen
verantwortlichen Adressen versandt.

Offene Systemarchitektur und flexible Geschäftsmodelle

Für die Immobilienwirtschaft wird neben den hygienischen Aspekten, der Begriff ESG (Environmental Social Governance) aber immer relevanter. Die damit verbundene Nachhaltigkeit, auch von Trinkwassersystemen, rückt dabei immer weiter in den Vordergrund. Daher wird es immer wichtiger, dass auch Trinkwasserhydrauliksysteme in einer möglichst offenen Systemarchitektur gedacht und dadurch kostengünstig und flexibel erweitert werden können. Das Monitoring über Gebäudeleittechnik ist bereits
gängige Praxis, wobei das Thema Trinkwasser bisher häufig außen vor war.

Der energieautarke und kabellose Antrieb BLTCirc ist als offene Lösung konzipiert und über eine einfache Schnittstelle direkt mit Energiemanagementsystemen oder Gebäudeleittechniken zu koppeln. Verfügen die übergeordneten Systeme nicht über ein integriertes LoRaWAN-Funkmodul, kann die Verbindung über ein entsprechendes LoRaWAN-Gateway hergestellt werden. So offen wie die Systemarchitektur sind auch die möglichen kaufmännischen Lösungen und Geschäftsmodelle:Sind schon Systeme mit LoRaWAN-Funkmodul im Gebäude oder im Quartier vorhanden, bietet sich der Kauf der elektronischen Antriebe oder kompletter Zirkulationsventile sowie die Integration/Erweiterung der vorhandenen Software an.

Aktivierung des digitalen Ventilkopfes mit einem Magnetstift. (Foto: Solvis)

Montage des digitalen Ventilkopfes bei laufendem Zirkulationsbetrieb. (Foto: Solvis)

Ist keine LoRaWAN-Infrastruktur vorhanden, können Hardware in Form von „Infrastructure as a Service“ (IaaS) und auch Software sowie die Betriebsführung als „Software as a Service“ (SaaS) genutzt werden.
Damit lässt sich eine Einbindung von Bestandsimmobilien in eine bestehende oder neu aufgesetzte Gebäudeleittechnik implementieren. Die auszutauschenden Datenpakete enthalten Informationen über:
• Liste aller angeschlossener Ventile
• Ventilidentifikationsnummer
• Solltemperatur Zirkulation in °C
• IST-Temperatur Zirkulation in °C
• Zeitstempel der Daten
• Ventilstatus mit aktuellem Öffnungsgrad
• Umgebungstemperatur

Durch die Nutzung des LoRaWAN Funkstandards lassen sich nicht nur einzelne Gebäude, sondern ganze Quartiere über ein Gateway steuern. Die darüber zur Verfügung gestellten Daten tragen also maßgeblich mit zur Einhaltung des hydraulischen Abgleichs und somit zur gesteigerten Hygiene in Trinkwasserinstallationen bei. Weiterhin können Fehlfunktionen im System schnell erkannt und ohne weitreichenden Komfortverlust bei den Nutzern abgestellt werden. Für das Konzept des elektronischen Zirkulationsregulierventils mit Energy-Harvesting und LoraWAN-Funkmodul wurde das Europapatent EP 3783269 erteilt.

Autoren:
Alexander Lipski: Business Development Manager BlueLeaf Technology
Lukas Sicking: Business Development Manager BlueLeaf Technology
Helmut Jäger: Key Account Manager Wasserhygiene Solvis GmbH

Weitere Informationen erhalten Sie hier.

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