Auf ein Wort

Veröffentlicht am 1. September 2024

David Jacob Huber, BFW-Geschäftsführer Landesverband Niedersachsen/Bremen (Foto: BFW)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Immobilienfreunde, nach der Novelle ist vor der Novelle. Aber dieses Mal ist es ein großer Wurf geworden. Auch wenn es im Gesamtkontext der aktuellen Herausforderungen nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist. Das sehen nicht nur wir hier in Niedersachsen so.

Nein, ganz Deutschland schaut gerade aufmerksam nach Niedersachsen. Sicher haben Sie schon gemerkt, dass ich hier von der Novelle der NBauO spreche, die Ende Juni im nds. Landtag mit den Stimmen der SPD, Bündnis90/Die Grünen und CDU beschlossen wurde. In seiner Rede im Landtag betonte Olaf Lies noch einmal sehr deutlich, wie wichtig dieser Schritt für die Bau- und Wohnungswirtschaft ist. Bemerkenswert für mich war, dass die Landtagsfraktion der CDU einzelne Details sowie Entscheidungen des Wirtschaftsministeriums kritisiert, aber dann dennoch zugestimmt hat.

Die Geschichte der Novelle beginnt schon im Jahr 2023 im Bündnis für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen, wo immer wieder verschiedene Punkt der NBauO als „Bauverhinderungsvorschriften“ identifiziert und benannt wurden. Diese Diskussion wurde von Vertretern des Wirtschaftsministeriums, der Architektenkammer, des BDA und einigen Verbänden aufgenommen und bearbeitet. Der Schwerpunkt der Beratungen lag auf dem Bauen im Bestand und der Nachverdichtung u.a. durch das Aufstocken. Ende 2023 wurden die Änderungen vorgestellt und in die Verbandsanhörung gegeben.

Es folgten heftige und intensive Beratungen und Diskussionen, an denen unglaublich viele Verbände, Organisationen und Beratern teilgenommen haben. Ich glaube, dass es das erste Mal war, das eine Novelle so intensiv gelobt und kritisiert wurde. Was ich sehr bewundere ist die Arbeit des Wirtschaftsministeriums. Denn hier wurden alle Stellungnahmen, von denen einige mehr als 30 Seiten hatten, gesammelt, ausgewertet und protokolliert. Das Papier, dass den Parteien im Landtag zur ersten Beratung vorgelegt wurde, hatte es echt in sich.

Worum geht es im Wesentlichen in dieser Novelle? Es geht darum, Bauen wieder einfacher zu machen und Regelwerke zu entflechten. Gerade beim Bauen im Bestand gibt es viele Hürden zu überwinden. Besonders, wenn das Gebäude, das ggf. aufgestockt werden sollte, schon etwas älter ist und die Normen und Vorschriften in Bezug auf Brandschutz, Lärmschutz, energetischer Standard etc. seitdem deutlich verschärft wurden. Bisher galt der Grundsatz, dass das gesamte Gebäude auf den neuesten Stand gebracht werden muss, was insbesondere bei Rettungswegen und Brandschutz schwierig ist. Ein ganz großer Streitpunkt in der Novelle war und ist die Stellplatzsatzung, die aufgehoben wurde. Das hat die kommunalen Spitzenverbände und Kommunen auf den Plan gerufen, die selbst bei der letzten Abstimmung im Landtag ihren Widerstand und Unbehagen nicht verbergen konnten.

Ich möchte an dieser Stelle nicht näher auf die Diskussion eingehen und nur einen Satz, der in der Diskussion im Landtag gesprochen wurde, zitieren: „Es kann nicht sein, dass Kommunen und Städte ihre kommunalen Verkehrsprojekte mit Geldern, die aus dem Wohnungsbau und aus der Wohnraumförderung kommen, finanzieren.“ Das war eine mutige Aussage, die sehr viel aussagt. Hintergrund dieser Diskussion ist die gängige Praxis, dass Bauträger, Projektenwickler und Wohnungsunternehmen aus Wirtschaftlichkeitsgründen die in der Stellplatzsatzung geforderten Parkplätze nicht erstellen, weil sie den Bedarf so nicht sehen. Für jeden nicht gebauten Stellplatz fließt Geld in Form einer Ablöse an die Kommunen. Diese haben Einnahmen aus diesem Posten oftmals sogar im Budget als feste Einnahmen eingeplant.

Halten wir fest: Stellplätze, die nicht gebaut werden, weil sie nicht gebraucht werden, füttern das Budget der Kommunen. Die Kosten dafür werden den Mietern oder Käufern in Rechnung gestellt und machen dadurch das Bauen teurer. Nun ist dieser Punkt gekippt. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies eine gute Entscheidung war und ist. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass die Kommunen Ersatzleistungen vom Land bekommen müssen, um ihre Aufgaben gerade in der Verkehrswende weiter ausführen zu können. Allerdings sollten diese Leistungen nicht aus dem Wohnbau kommen. Für mich persönlich ist diese Klarstellung ein Beitrag zur Kostenwahrheit im Wohnungsbau.

Ein weiterer Streitpunkt war und ist der „Zweite Rettungsweg“. Sicherheit in den Gebäuden ist extrem wichtig. Gerade dann, wenn etwas passiert. Ein Gebäude darf niemals so gebaut werden, dass es Rettungsmaßnahmen erschwert oder sogar verhindert. Es darf kein Mensch zu Schaden kommen, wenn etwas passiert. Das ist ein eiserner Grundsatz. Nur muss dieser Gedanke mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln umgesetzt werden können. In der Praxis hat der bisher erforderliche zweite Rettungsweg so manches Vorhaben scheitern lassen, weil der Platz dafür nicht vorhanden war.

Diese zwei Punkte waren und sind immer noch heiß umstritten und werden, wie Olaf Lies sagte, aufmerksam beobachtet, um ggf. noch einmal nachsteuern zu können. Ich bin der Überzeugung, dass die private, mittelständische und inhabergeführte Wohnungswirtschaft mit diesen Erleichterungen verantwortungsvoll umgehen wird. Denn für uns steht der Kunde, also der zukünftige Eigentümer oder Mieter, im Fokus. Diese Menschen müssen zufrieden sein. Nach der Novelle ist, wie gesagt, vor der Novelle. Im Herbst stehen weitere Veränderungen in der Diskussion. Es geht nun um die Durchführungsverordnung zur NBauO.

Der Entwurf liegt uns schon vor und wir haben dazu auch eine Stellungnahme geschrieben. Diese Novelle beinhaltet im Wesentlichen zwei Punkte:
1. Erleichterungen für den Bau von Solaranlagen.
2. Veränderungen im Brandschutz in Gebäuden.

Während wir den ersten Punkt unwidersprochen zustimmen und unterstützen, enthält der zweite Punkt einen Passus, der aus unserer Sicht dem bezahlbaren Bauen und Wohnen diametral gegenübersteht. Wir unterstützen zwar den Vorstoß, selbstschließende Brandschutztüren bei Wohnungseingängen abzuschaffen. Jedoch ist der Vorschlag, dass es in Zukunft nicht mehr möglich sein sollte, mehr als 4 Wohnungen je Etage an ein innenliegendes Treppenhaus anzuschließen, nicht akzeptabel.

Jeder weiß, dass Treppenhäuser erstens viel Platz brauchen und zweitens viel Geld kosten. Uns liegen Entwürfe vor, die für geförderten Wohnraum konzipiert wurden und die teilweise 8 und mehr Wohnungen je Etage an ein Treppenhaus anbinden. Diese Konzepte, die kostensparend gebaut werden könnten, würden durch diese Vorschrift unmöglich werden. In unserer Stellungnahme habe ich daher klar gegen diese Vorschrift votiert. Gleichzeitig werben wir für ein Wahlrecht. Der Bauherr sollte entscheiden können, ob er selbstschließende Brandschutztüren einbaut oder nur 4 Wohnungen an ein innenliegendes Treppenhaus anschließt. Ich bin schon sehr gespannt, auf die Diskussion nach der Sommerpause.

Damit möchte ich dieses Editorial beenden und gleichzeitig auf den Zwischenruf, der ebenfalls in dieser Ausgabe zu finden ist, hinweisen.

Ich wünsche Ihnen, Ihren Mitarbeitern und Familien einen schönen und erholsamen Sommer.
David Jacob Huber

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