Auf ein Wort…

Veröffentlicht am 1. Juni 2021

BFW-Geschäftsführer David Jacob Huber vom Landesverband Niedersachsen / Bremen. (Foto: BFW)

wir leben in turbulenten Zeiten. Die Covid19-Pandemie beschäftigt uns nun schon seit mehr als einem Jahr und noch immer ist kein Ende in Sicht. Ob es nun eine Folge der Pandemie ist oder nicht, dass seit Monaten die Preise für Bauprodukte anziehen, das wissen wir nicht. Fakt ist aber, dass nun ein Jahr nach Beginn des Lockdowns Lieferketten abreißen und viele Bauprodukte entweder teurer geworden oder nicht mehr verfügbar sind.

Die ersten Baustellen werden gestoppt, weil Material fehlt. Und das in Zeiten, in denen das Thema „Bezahlbares Wohnen“ in aller Munde ist und in allen Wahlprogrammen zur nahenden Bundestagswahl steht. Wenn der Wohnungsbau nun wegen Lieferengpässen tatsächlich eingebremst oder sogar angehalten werden würde, wäre das eine Katastrophe und würde all die Bemühungen, die in Niedersachsen und Bremen unternommen wurden, um den Bau bezahlbarer Wohnungen zu beschleunigen, torpedieren. Die angepassten Förderungen sind mittlerweile sowieso schon Nonsens und durch die Preissteigerungen aufgefressen. Woher rühren aber die Preissteigerungen? Wie sind sie zu rechtfertigen? Das sind Fragen, die uns auch intensiv beschäftigen. So einfach die Frage ist, so kompliziert ist die Antwort. Es gibt viele Gründe und bei jedem Baustoff oder Material ist es eine andere Begründung. Fakt ist aber: Wir leben in einer global vernetzten Welt.

Jede Störung verursacht Folgeerscheinungen. Bisher war es dann immer so, dass wen in einem Land Probleme aufgetreten sind, diese durch andere Länder wettgemacht oder ausgeglichen werden konnten. Von der Pandemie sind aber weltweit alle Länder betroffen, einige davon in besonderen Maßen. Erstmals seit vielen Jahren ist es nun so, dass die Probleme einzelner Länder nicht mehr durch andere Lieferanten abgefedert werden können. So banal es auch klingt, selbst das Schiff, das einige Zeit den Suez-Kanal versperrte, hat Auswirkungen auf unsere Bauprodukte. Die Lieferketten sind weltweit aber auch regional gestört. Und der Markt reagiert – mit Preissteigerungen bei den noch vorhandenen Produkten. Die nächsten Probleme aus dieser Situation kommen noch auf uns zu. Bauvorhaben mit Festpreisverträgen und Anpassungsklauseln werden wohl dazu führen, dass es vermehrt Bauherren geben wird, die ihr Projekt aufgeben müssen. Der Traum von den eigenen vier Wänden, vielleicht einem kleinen Reihenhaus mit Gärtchen, wird für viele Familien zum Albtraum werden oder platzen. Und das wiederum wird Auswirkungen auf den Mietermarkt haben.

In den letzten Sitzungen des niedersächsischen „Bündnisses für bezahlbares Wohnen“, an dessen Spitze Minister Olaf Lies steht, haben wir als BFW mit Nachdruck auf diese Problematik hingewiesen. Wie schon gesagt, ein Einbremsen des Wohnungsneubaus ist aus meiner Sicht „brandgefährlich“. Und das im wahrsten Sinn des Wortes. Schauen wir doch einfach nach Berlin, was dort gerade passiert. Dort tritt gerade genau das ein, was ich schon vor fast 10 Jahren vorausgesagt und in dieser Zeitung geschrieben habe: Büros von Immobilienunternehmen werden Ziel von Vandalismus und Randale, Bürgerbüros von Politikern werden zerstört, Mitarbeiter solcher Einrichtungen werden wie die Volksvertreter gleichermaßen verbal und auch tätlich angegriffen. Es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis das erste Todesopfer zu beklagen ist. Während die Regierungskoalition in Berlin weiter Öl ins Feuer gießt, statt endlich Vernunft anzunehmen und den Wohnbau schnellstmöglich anzukurbeln, arbeiten wir als BFW hier in Niedersachsen und Bremen lieber gemeinsam mit den Landesregierungen an Lösungen, um solche Situationen gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Zahlreiche Experten haben schon lange vor Verkündung des Mietendeckels angemerkt, dass das ganze Machwerk verfassungswidrig sei. Aber die verantwortlichen Politiker haben einfach weitergemacht, den Menschen Hoffnungen suggeriert und diese nun bitter enttäuscht. Viele Medien zeigen nun auf unsere Branche und meinen, dass wir die großen Gewinner seien. Leider liegen sie da völlig falsch, denn im Streit um den Mietendeckel gibt es keine Gewinner. Viele Unternehmen haben viel zu lange in völliger Unsicherheit gearbeitet. Ihnen wurden hohe Summen an Miete vorenthalten. Und es ist fraglich, ob diese vorenthaltenen Mieten jemals bezahlt werden. Auch offen ist die Frage, ob die Mieter die nun fälligen Nachzahlungen überhaupt leisten können? Fakt ist, dass die Unternehmen, die nun offene Forderungen abschreiben wollen, diese steuerlich geltend machen müssen. Damit ist es letztendlich die Summe der Steuerzahler, die dieses verfassungswidrige Vorgehen des Berliner Senates bezahlen werden. Und dabei wurde nicht eine einzige der so dringend benötigten Wohnungen davon neu gebaut. Das dramatische an der ganzen Situation ist die aufgeheizte Stimmung in Berlin. Manchmal fühlt man sich dabei an Katastrophen- bzw. Kriegsszenarien erinnert. Die Gesprächsbasis, die für ein gesundes und vernünftiges Miteinander nötig ist, ist zerstört.

Interessant an dieser Stelle ist ein weiterer Punkt: Der BFW-Niedersachsen/Bremen hat gemeinsam mit dem VDW (Verband der Wohnung- und Immobilienwirtschaft) eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen zum Thema „Dauer der Bauantragsverfahren“ gemacht. Das niedersächsische Ministerium hat auf dieses Ergebnis mit Betroffenheit reagiert, denn viele Verfahren dauern tatsächlich zwischen 6 Monaten und einem Jahr, in einigen Fällen sogar länger. Und man hat sich daran gemacht, an diesem Fakt zu arbeiten, um kürzere Zeiten zu realisieren. In Berlin dauern Bauantragsverfahren von Haus aus mehrere Jahre – 9 Jahre sind keine Seltenheit. Was lernen wir daraus? Miteinander zu reden, gemeinsam in die richtige Richtung zu gehen und gemeinsam nach Lösungen Ausschau zu halten, bringt den Wohnungssuchenden mehr als Streit und fragwürdige Gesetze. In Berlin schauen wir gerade auf diese Abgründe und so wie es aussieht, ist das erst der Anfang. Die Spirale dreht sich weiter und immer schneller und ich befürchte, dass es bald erste Opfer geben wird. Muss es erst soweit kommen? Wann geht wer auf wen zu? Wann gibt es endlich ein gemeinsames Einlenken und Handeln? Ich wage es nicht, Antworten auf diese Fragen zu geben.

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