Auf ein Wort

Veröffentlicht am 1. Dezember 2024

David Jacob Huber, BFW-Geschäftsführer Landesverband Niedersachsen/Bremen

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Immobilienfreunde, das heutige Editorial möchte ich mit einem Zitat aus einem Bericht der Caritas beginnen: "Jeder Mensch hat das Recht, auf eine Heimat und bezahlbaren Wohnraum. Fehlt dieser, gefährdet es den sozialen Zusammenhalt und die Stabilität unserer Gesellschaft."

Wir verwenden statt dem Begriff: „Bezahlbarer Wohnraum“, lieber den Begriff „Leistbarer Wohnraum“, der aus mehreren Gründen essenziell wichtig ist:
• Soziale Stabilität: Wenn Menschen sich keine Wohnung leisten können, führt das zu Unsicherheit und Stress, was den sozialen Zusammenhalt gefährdet.
• Gesundheit und Wohlbefinden: Ein sicheres Zuhause ist die Grundlage für physische und psychische Gesundheit.
• Wirtschaftliche Sicherheit: Leistbarer Wohnraum ermöglicht es Menschen, mehr Geld für andere lebensnotwendige Dinge, wie Bildung, Gesundheit und Freizeit, auszugeben.
• Gleichberechtigung: Zugang zu leistbarem Wohnraum fördert Chancengleichheit und verhindert soziale Ausgrenzung.

Nach der jüngsten Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen fehlen derzeit rund 700.000 leistbare Wohnungen in unserem Land. Ich habe mal versucht, diese Zahl so zu erklären, dass wir verstehen, worüber wir reden. Wenn wir unterstellen, dass in jeder fehlenden Wohnung nur ein Mensch leben würde, entspricht diese Zahl einer Stadt wie Frankfurt am Main, wo rund 750.000 Menschen leben und wohnen. Da aber lt. Statistik in jeder Wohnung 1,7 Menschen wohnen, reden wir schon von 1.190.000 Millionen Menschen. Das wiederum entspricht in etwa einer Stadt wie Köln. Das muss man sich mal vorstellen: Allein um den bereits entstandenen Fehlbestand verfügbarer Wohnungen auszugleichen, müssen wir eine Stadt wie Köln komplett neu bauen. Dazu haben wir auch die Aufgabe, Ressourcen zu schonen und im urbanen Bereich, also im Bestand nachzuverdichten, Brachflächen aufzuarbeiten und Quartiere neuzuentwickeln und bauen. Diese neuen Quartiere sollen möglichst nah an bereits bestehen Infrastrukturnetzen und Zentren sein.

Jetzt wird klar, dass das eine Mammutaufgabe ist, denn die Wohnungswirtschaft hat ja auch noch andere Aufgaben: Der Bestand muss weiterentwickelt, saniert und Klimaneutral gemacht werden. Die Städte und Quartiere müssen auf die Herausforderungen der Klimaveränderungen angepasst werden. Starkregenereignisse, Hitzeperioden, Überflutungen und andere Naturereignisse müssen bewältigt werden. Gleichzeitig müssen die Bestände auch in die sich verändernden Mobilitätskonzepte eingebunden und angepasst werden. Die Elektromobilität stellt eine enorme Herausforderung dar. Denn es ist ja nicht allein mit der Montage von Ladepunkten getan. Die ausreichende Versorgung der Ladepunkte ohne die Netzkapazitäten zu überfordern ist schon jetzt kaum möglich und kann eigentlich nur im Zusammenspiel mit vor Ort produziertem Solarstrom realisiert werden. Die Kosten für diese Veränderungen sind enorm.

Wir vom BFW-Landesverband Niedersachsen/Bremen haben schon vor Jahren den Landesregierungen in Niedersachsen und Bremen ein Arbeitspapier vorgelegt, in dem wir unsere Ideen zur Realisierung und Umsetzung der notwenigen Maßnahmen dargestellt haben. Wir haben nicht daraufgesetzt, dass es weitere, neue Förderungen geben muss, wenngleich diese sicherlich nötig sind. Angesichts der klammen öffentlichen Haushaltskassen, ist diese Forderung sowieso kaum realisierbar. Wir haben aber vorgeschlagen, dass z.B. die Grunderwerbsteuer und die Grundsteuer drastisch reduziert werden. Des Weiteren fordern wir schon seit langer Zeit, dass die energetischen Anforderungen an die Gebäude auf ein vernünftiges Maß reduziert und nicht weiter verschärft werden. Nicht unlängst hat ein Mitgliedsunternehmen aus Bremen den Nachweis geliefert, dass alle Standards über KfW40 hinaus übermäßig viel Geld kosten und teilweise sogar klimaschädlich sind, wenn man mal den kompletten Lebenszyklus von der Herstellung

der Baumaterialen bis zum Rückbau des Gebäudes in der Gesamtheit betrachtet. Die Diskussion zum Thema „Leistbares Wohnen“ läuft derzeit darauf hinaus, dass die Branche keine Hilfe von den Regierungen erwarten kann. Daher müssen wir die Dinge selber in die Hand nehmen und auf Innovationen und einfacheres Bauen setzen und dabei auch die Bürger mitnehmen. Es muss jedem klar sein, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit leistbaren Wohnraum nur dann gelingen wird, wenn wir ein vernünftiges Mittelmaß im Bau erreichen können. Dazu ist der diskutierte „Gebäudestandard E“ vielleicht der richtige Weg, der aber nur dann gegangen werden kann, wenn die gesetzlichen Vorschriften, z.B. im Baugesetzbuch, dem Mietrecht, dem Konsumentenschutz etc. angepasst und aufeinander abgestimmt werden. Wir beobachten derzeit so viele Innovationen, die auf den Markt kommen. Beim Bauträgertag und beim Hannover-Forum 2024 haben wir einige dieser Innovationen vorgestellt. Sie kommen aber viel zu langsam im Markt an.

Einer der Gründe ist sicherlich auch darin zu finden, dass die Unternehmen mit den bestehenden Aufgaben, insbesondere auch den überbordenden Vorschriften in Bezug auf Dokumentations- und Berichtspflichten an die Behörden begründet ist. Ein weiterer Grund ist die überbordende Regulierung aller Bereiche, die wichtig sind, zu finden. Der Staat regiert weit in die Unternehmen und in privatrechtliche Verträge hinein und versucht, alles und jeden zu regulieren. Das ist ein echtes Investitionshindernis. Und dennoch oder trotzdem sind wir als Verband der privaten, mittelständischen, inhabergeführten Unternehmen immer noch da und mahnen und fordern ein Umdenken an. Denn der so notwendige Wohnungsbau sichert Arbeitsplätze und Beschäftigung. Und damit auch den Wohlstand der Gesellschaft.

Wir machen weiter – und Sie unterstützen uns hoffentlich dabei.

David Jacob Huber

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