„Bauen und Wohnen müssen politische Chefsache werden“

Veröffentlicht am 1. April 2025

Der Vorstandsvorsitzende des BFW-Niedersachsen/Bremen, Dirk Streicher, formulierte anlässlich des Jahresempfangs die Kernforderungen des Verbandes. (Foto: Niklas Krug)

Die desaströsen Entwicklungen in den Fertigstellungen und Baugenehmigungszahlen zeigen, mit welch schwierigen Rahmenbedingungen die Branche weiterhin zu kämpfen hat. Ein weiter so kann nicht funktionieren. Der BFW nutzte den Jahresempfang, um seine Kernforderungen gegenüber Politik und Verwaltung zu formulieren und zu diskutieren. „Wenn uns das Wasser schon bis zum Hals steht, darf man nicht in die Knie gehen“, appellierte Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender des BFW-Niedersachsen/Bremen, an die Gäste.

Acht von zehn Unternehmen befürchten weiterhin eine rasante Talfahrt, daher seien notwendige Veränderungen dringend geboten. Dies erfordere Mut auf allen Ebenen, Ermessensspielräume zu nutzen. Dazu brauche es klare Rahmenbedingungen, wo die Reise hingehen soll. Dass die Branche bereitstehe, bringt der Landesverband mit seinem neuen Jahresmotto „Aufbruch“ zum Ausdruck. „Wir möchten und müssen bauen – Deutschland ist noch lange nicht fertig gebaut und die starke Anspannung auf dem Wohnungsmarkt nimmt weiter zu. Das Grundgeschäft ist nach wie vor vorhanden. Wie wir wieder zum Bauen kommen, ist hinlänglich bekannt. Nicht bremsen. Aufbruch und der Weg nach vorne müssen die Devise sein“, so Streicher, der sowohl als Verbandsvorsitzender als auch als Unternehmer Alarm schlug.

Dazu gelte es, alle politischen Hebel aus der vorhandenen Sackgasse, die durch in den vergangenen Jahren gestellten Weichen auf Bundes- und Landesebene entstanden sind, zu nutzen. Als Beispiel nannte Streicher den mutigen Vorstoß der niedersächsischen Landesregierung bei der Novellierung der Bauordnung: „Wir wollen ein starkes Niedersachsen und Bremen. Dazu benötigen wir weitere Entlastungen von Bund, Ländern und den Kommunen. Unsere Mitgliedsunternehmen stellen ihr starkes Engagement täglich unter Beweis. Zahlreiche Auszeichnungen belegen die Innovationskraft und das unermüdliche Bestreben, wieder mehr zu bauen.“

Dirk Salewski, Präsident vom BFW-Bundesverband, knüpfte an und mahnte: „Wir haben in Deutschland kein Einnahmenproblem. Wir haben ein Ausgabenproblem. Das Geld reicht nicht aus, daher prüfen wir mit Augenmaß, was man fordert und noch fordern kann.“ Förderungen stehen für den Verband der mittelständischen Immobilienwirtschaft nicht im Vordergrund. Salewski kritisierte hingegen insbesondere die weitere Bürokratisierung, die das Bauen stetig verteuere. „Wir rufen nach Deregulierung sowie Vereinfachung und einem klaren Zivilrecht, damit wir vernünftig mit unseren Kunden Verträge schließen können, wie wir es alle gemeinsam wollen.“

An der Diskussion beteiligte sich auch Frank Doods, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Bauen, Verkehr und Digitalisierung. „Wir haben in Niedersachsen vieles überwunden und konzentrieren uns auf das, was wir selbst auf Landesebene regeln können. Einfacher, schneller, günstiger – diesen Paradigmenwechsel haben wir schon im letzten Jahr in der Novellierung der niedersächsischen Bauordnung eingebracht.“ Für den Staatssekretär gilt es, dass ewige Streben nach mehr Sicherheit, welches zwangsläufig zu immer mehr Regulierung führt, zu durchbrechen.

Die Einschätzung aus Sicht einer Förderbank brachte Michael Kiesewetter, Vorstandsvorsitzender der NBank, ein: „Trotz allgemeiner Flaute sehen wir eine hohe Nachfrage im Segment des geförderten Wohnungsbaus. Die Wohnraumförderung in Niedersachsen ist im Ländervergleich eine der besten. Auch deshalb werden zurzeit viele Projekte geändert, um Förderung als Finanzierungsbaustein zu nutzen.“ Die Förderungen konzentrieren sich zu 95 % auf den Mietwohnungsbau. Für Kiesewetter muss daher auch die Schaffung von Eigentum gemeinsam mit der Landespolitik näher betrachtet und stärker gefördert werden.

Salewski fasste abschließend die zentralen Forderungenn des Verbandes zusammen: „Bauen und Wohnen müssen in der neuen Bundesregierung zur Chefsache erklärt werden. Angefangen bei der temporären Senkung der Grunderwerbsteuer über das Herabsetzen der Baustandards bis hin zu massiven Investitionen in die Infrastruktur abseits der Metropolen. Ebenso muss sich die Eigentumsquote erhöhen, beispielsweise durch qualifizierte Wohneigentumsprogramme, in denen der Bund als Bürgschaftsgeber fungiert. Wir brauchen zudem eine neue Willkommenskultur für Baukräne und Bagger.“ Auch Staatssekretär Doods sieht die Aufgabe der neuen Bundesregierung darin, klare Standards zu schaffen. Streicher appellierte, ein effektives Maßnahmenpaket zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu schließen.

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