„Game over im Wohnungsbau“

Veröffentlicht am 1. Mai 2023

Der Vorstandsvorsitzende des BFW-Landesverbandes Niedersachsen/Bremen, Dirk Streicher, sieht die Wohnungswirschaft vor massiven Hürden. (Foto: Niklas Krug)

Das Wohnungsbauziel der Bundesregierung rückt unter den aktuellen Rahmenbedingungen in weite Ferne. Gerade im Bereich der Immobilienfinanzierung stehen Projektentwickler und Bauträger angesichts steigender Bauzinsen und -kosten vor massiven Hürden. „Game over“ - so fasste Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender des Landesverbands, die Lage der Immobilienwirtschaft beim 41. Hannover-Forum des BFW-Niedersachsen/Bremen zusammen.

Auch Professor Dr. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln zeigte auf, wie deutlich sich die Rahmenbedingungen für den Wohnungsmarkt und den Wohnungsbau in 2022 verschlechtert haben. „Die Party ist vorbei: Standen die Zeichen vorher auf Boom, haben Zinsanstiege, Unsicherheiten und Reallohnsenkungen die Märkte in eine Schockstarre versetzt“, so der Volkswirt. Andererseits bleibt der Bedarf an Wohnungen aber hoch. Aufgrund des Wohnungsmangels steigen die Mieten noch schneller als in den Vorjahren. Derzeit gebe es einen Stillstand im Wohnungsbau, aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen für Projektentwickler. Hinzu kommt eine große Kaufzurückhaltung bei Investoren und Privatpersonen. Um die Situation zu entschärfen, fordert der Ökonom: „Für die Belebung des Wohnungsbaus brauchen wir kurzfristig finanzielle Unterstützung, zum Beispiel eine Sonder-AfA oder aber eine Grunderwerbsteuerbefreiung, damit die bereits genehmigten Projekte auch umgesetzt werden. Langfristig muss es aber darum gehen, durch mutige Reformen der Bauordnungen sowohl günstigeres als auch nachhaltiges Bauen zu ermöglichen. Kreative Ideen sind gefragt, um die Kosten zu senken und wir müssen die Haltung zum Wohnungsbau ändern, wie es beispielsweise beim Bau des LNG-Terminals funktioniert hat.“ In der anschließenden Diskussion mit der niedersächsischen Politik ging es um die Frage, wie der Wohnungsbau wieder angekurbelt werden kann. Christian Frölich, Landtagsabgeordneter und baupolitischer Sprecher der CDU Fraktion, sieht aufgrund der großen Verunsicherung dringenden Handlungsbedarf:

„Wir brauchen Unterstützung und Anreize, zum Beispiel den Wegfall der Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb oder die Wiedereinführung des Baukindergelds. Wir müssen Geld in die Hand nehmen, auch wenn es aus der Opposition heraus leicht gesagt ist. Auch müssen Standards befristet herabgesetzt werden. Wir dürfen die Anforderungen nicht weiter nach oben treiben.“ Christoph Bratmann, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und Sprecher für Wirtschaft, Bauen, Verkehr, Digitalisierung: „Ein Mangel an Wohnraum ist auch in Niedersachsen ein drängendes Problem. In der Plenar-Woche Anfang Mai haben wir deshalb Gelder in den Nachtragshaushalt für die Konzeption einer Landeswohnungsgesellschaft eingestellt, die Anfang 2024 an den Start gehen soll. Damit wollen wir in Niedersachsen besonders den Neubau bezahlbarer Wohnungen ankurbeln, aber auch den Ankauf und die Sanierung bereits bestehenden Wohnraums. Im rot-grünen Koalitionsvertrag haben wir uns das Ziel gesetzt, dass durch die neue Landeswohnungsgesellschaft 40.000 landeseigene Wohnungen geschaffen werden sollen.“ Dem gegenüber setzt sich Frölich für die Stärkung der lokalen Partner ein, die sozialorientiert agieren. Für ihn brauche es keinen weiteren Player. Bei der Frage nach den Baustandards und Baukosten, merkte Dirk Streicher an: „Die Rezepte günstiger zu bauen, liegen der Politik seit Jahren vor. Wir müssen nicht wieder anfangen die Kostentreiber zu eruieren. Es ist bekannt, dass eine Tiefgarage oder ein Gründach teuer sind. Es muss jetzt gehandelt werden und dafür muss der Wille da sein.“ Konkret fordert der Unternehmer von der Politik: „Wir können sofort weiter bauen. Frieren Sie den EH55 als neuen Standard ein, setzen Sie den EH 40 ab 2025 aus und legen Sie die alte Förderung für EH55 wieder auf. Auch die Einführung einer Eigenheimzulage schafft Anreize. Immobilien sind eine stabile Kapitalanlage und alle Eigentümer entlasten den Mietmarkt.“

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