Status quo im Wohnungsbau

Veröffentlicht am 26. April 2023

Niedersachsens Bauminister Olaf Lies setzt die Prioritäten vor allem im bezahlbarem und sozialem Wohnungsbau. Foto Niklas Krug

Die Neubauzahlen brechen ein, die Lage der Branche spitzt sich zu. Der BFW-Niedersachsen/Bremen fordert Politik und Verwaltung zum Handeln auf. Neben altbekannten Herausforderungen, erschweren Zinssteigerungen, explodierende Energie- und Baupreise sowie die hohe Inflation die Bautätigkeit. Die anvisierten Neubauziele rücken in weite Ferne, der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bleibt hingegen ungebrochen hoch.

Verschärft wird die Situation noch einmal mehr durch die Vielzahl an Geflüchteten, die auch in Niedersachsen und Bremen Schutz und langfristig sicheren Wohnraum suchen. Umso wichtiger wird der Austausch mit Politik und Verwaltung. Der BFW-Niedersachsen/Bremen nutzte den diesjährigen Neujahrsempfang für das Gespräch mit den Verantwortlichen.

„Wenn nicht geplant wird, wird auch nicht gebaut. Es ist nicht nur an der Zeit, zu reden, sondern sofort und anders als bisher zu handeln“, mahnte Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender des BFW-Niedersachsen/Bremen bei seiner Eröffnungsrede.

Die aktuellen Zahlen seien alarmierend. Umfragen des BFW und anderer Immobilienverbände belegen, dass bereits viele geplante Wohnungsbauvorhaben nicht mehr realisiert werden. Auch bereits begonnene Bauprojekte werden durch die stark gestiegenen Zinsen immer teurer. Der Bedarf an dem so dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum lässt sich unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht annähernd decken.

Auch würden Beispiele wie die Vergabe von Grundstücken als Erbbraurechte, das „Braunschweiger Baulandmodell“, der „Bremer Standard“ oder aber überzogene Anforderungen bei Konzeptvergaben im Hinblick auf Architektur und Städtebau nicht zur Entlastung der Situation führen.

Seitens der Wohnungswirtschaft liegen konkrete Lösungen zur Entschärfung der Situation bereits vor. Dazu formuliert Dirk Streicher, der als Vorstandsvorsitzender der Delta Bau AG mit dem Blick aus der Praxis spricht, klare Forderungen:

  • Bereitstellung von günstigem Bauland
  • Baurechtschaffung für preiswerten und seriellen Wohnungsbau
  • Erteilung von Baugenehmigungen innerhalb von drei Monaten
  • Förderung von seriellem Bauen, um preiswert bauen zu können
  • Keine weitere Verschärfung von Bau- und Energiestandards

Dass auch der niedersächsische Bauminister mit den aktuellen Rahmenbedingungen für die Branche nicht zufrieden ist, machte Olaf Lies in seiner Ansprache deutlich. Er betonte jedoch, dass trotz des Baubooms der letzten Jahre zu wenig geförderter Wohnraum entstanden sei: „Von den angestrebten 4.000 sind nur 2.700 Wohnungen gebaut worden. Hier gilt es, nachzulegen. Wir müssen mit den begrenzten Mitteln Prioritäten setzen und das ist derzeit der bezahlbare Wohnungsbau“, so Lies weiter. Er verwies damit auf die möglichen Aufgaben einer Landeswohnungsgesellschaft.

„Wohnen und Bauen ist auch eine staatliche Aufgabe, ähnlich wie die Sicherstellung der Energieversorgung.“ Sein Augenmerk gilt dabei nicht nur dem Neubau, sondern vor allem dem Umbau. „Das Umbauen muss einfacher werden. Wir müssen die Standards schaffen, die Umnutzung möglich machen. Und wir brauchen Vernunftlösungen statt hoher Standards, die die Kosten weiter in die Höhe treiben.“ Dazu brauche es weiterhin die konstruktive Zusammenarbeit mit der freien Immobilienwirtschaft, die bereits im Bündnis für bezahlbares Wohnen sichtbar werde.

Auch Gabriele Nießen, Bremer Staatsrätin bei der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, legte den Fokus auf den Bestand: „Wir brauchen Antworten auf die neuen Herausforderungen, nicht nur im Neubau, sondern vor allem im Bestand und auch in der Qualifizierung von Quartieren.“

Dazu stellte sie den Bremer Stadtentwicklungsplan „Wohnen“ vor, der als eine Art Handwerkskasten dazu beitragen soll, die Voraussetzungen für 10.000 Wohnungen bis zum Ende der Legislatur zu schaffen. In diesem Zuge sprach Nießen auch von einer nachhaltigen Bodenpolitik, die in Bremen mit den Themen Erbbau und Erbpacht einhergeht.

Mit dem „Bremer Standard“ wurde aus Sicht des Bremer Senats ein Orientierungsrahmen für neue klimaverträgliche Quartiere formuliert, der allen Akteuren in der Bauwirtschaft schon zu Beginn der Planungen Verlässlichkeit und Transparenz bieten soll.

Mit Blick auf Hannover zeigte Stadtbaurat Thomas Vielhaber die speziellen wohnungspolitischen Ziele der niedersächsischen Landeshauptstadt auf: Dazu zählen die Fortschreibung des Wohnkonzeptes, die Fortsetzung der hannoverschen Wohnungsbauoffensive sowie die Intensivierung des Bündnis für Wohnen.

Bei den baupolitischen Zielen geht es vor allem um die Schaffung von neuem Planungs- und Baurecht, die Beschleunigung von Baugenehmigungen sowie die Förderung des seriellen Bauens: „Unsere Maßgabe ist es, ausreichende Wohnraumversorgung für alle Bevölkerungsgruppen zur Verfügung zu stellen, was unter den aktuellen Voraussetzungen weiter erschwert wird. Diese Zeiten erfordern einen neuen Blick auf Gewohntes. Umso wichtiger wird es, dass alle Wohnungsmarktakteure daran mitwirken.“

Eva-Maria Lammers

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