Wärmepumpen im Mehrfamilienhaus

Veröffentlicht am 1. April 2024

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer zeigte sich überzeugt, dass bei der Umsetzung der Wärmewende auf die Wärmepumpe eine Schlüsselrolle zukommen wird. (Foto: KEAN)

Rund 150 Teilnehmern diskutierten jetzt in Hannover und online über die Umsetzung der Wärmewende. In diesem Jahr mit einem besonderen Fokus auf den Bereich der Mehrfamilienhäuser. Trotz der technischen und sozialen Herausforderungen bei der Umsetzung der Wärmewende wird die Wärmepumpe auch hier eine Schlüsselrolle einnehmen.

Das Jahr 2023 war für die Wärmepumpe ein bewegtes Jahr: So gab es einerseits einen Absatz-Rekord und eine immense Aufmerksamkeit für diese Technologie, andererseits sorgten Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz auch für Verunsicherung in der Bevölkerung. Dass die Wärmepumpe eine Schlüsseltechnologie für die Wärmewende darstellt, darüber waren sich etwa 100 Teilnehmer in Hannover einig. Während der Einsatz von Wärmepumpen im Bereich der Einfamilienhäuser bereits Fahrt aufgenommen hat, ist deren Einsatz in Mehrfamilienhäusern jedoch noch eher die Ausnahme. Grund genug, den Einsatz von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern in den Fokus des 2. Niedersächsischen Wärmepumpentages zu stellen.

In seinem Eingangsvortrag betonte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer zunächst die guten Bedingungen, die das Energiesystem in Niedersachsen – mit einem hohen Angebot an erneuerbaren Energien – für den Einsatz von Wärmepumpen bietet. Trotz dieser guten Bedingungen, werde in Niedersachsen der Wärmebedarf noch zu selten aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Vor dem Hintergrund der geplanten Klimaneutralität Niedersachsens bis zum Jahr 2040 betonte Meyer die Notwendigkeit, nun auch ins Handeln zu kommen. Beim Blick auf die aktuellen Marktentwicklungen machte der Minister deutlich, dass die Produktions-Kapazitäten für einen schnellen Wärmepumpen-Hochlauf mittlerweile vorhanden seien, die Nachfrage nach zwei starken Wachstumsjahren 2022 und 2023 jedoch eingebrochen sei. Eine wichtige Grundlage für die Umsetzung der Wärmewende spiele daher die Planungssicherheit, die mithilfe der kommunalen Wärmeplanung gewonnen werden kann. Dabei stellte er heraus, dass niedersächsische Kommunen bereits mit gutem Vorbild vorangehen, schon deutlich vor der gesetzlichen Frist eine Wärmeplanung vorlegen und so den Weg für die erfolgreiche Wärmewende bereiten.

Die richtigen Weichenstellungen für die Wärmewende

Auch Frau Dr. Susanne Schmitt vom Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen betonte, dass die Verpflichtung zur Erstellung kommunaler Wärmepläne zu begrüßen sei, um mehr Planungssicherheit zu schaffen. Dabei stellte sie jedoch heraus, dass sehr zeitnah eine Abstimmung zwischen Kommunen, Energieversorgern, Wohnungsunternehmen und der Bevölkerung nötig sei, damit es nicht zu einem Investitionsstau komme. Viele Unternehmen hätten bereits ihre Klimaschutzpläne erarbeitet, die bei der Wärmeplanung Berücksichtigung finden müssten. Wärmepumpen könnten laut Dr. Susanne Schmitt einen signifikanten Beitrag zur erfolgreichen Wärmewende leisten, wenn die Voraussetzungen hierfür stimmen. So machte sie den Ausbau von Wärme- und Stromnetzen als zentrale Bedingung für den erfolgreichen Wärmepumpen-Hochlauf aus – auch mit Blick auf Mehrfamilienhäuser, die bei dem 2. Niedersächsischen Wärmepumpentag im Fokus standen.

Die Rolle der Wärmepumpe in der Wärmewende

Dr. Georg K. Schuchardt von der KEAN und Fabian Hüsing vom ISFH gingen anschließend grundsätzlich auf die Rolle der Wärmepumpe in der Wärmewende ein. Schuchardt thematisierte dabei die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Gebäudeenergie- und Wärmeplanungsgesetz und arbeitete die hohen Hürden heraus, die für die Wärmeversorgung mittels Wasserstoff- und Wärmenetzen bestehen. Fabian Hüsing ging dann auf die Voraussetzungen in Gebäuden ein, die einen Einsatz von Wärmepumpen ermöglichen. Dabei machte er deutlich, dass die dezentralen Wärmepumpenanlagen auch in vielen Mehrfamilienhäusern die beste Lösung darstellen, um die gesetzlichen Vorgaben zur Nutzung erneuerbarer Energien in der Wärmeversorgung umzusetzen. Bei der Warmwasserbereitung sollte mit Blick auf die notwendige Vorlauftemperaturabsenkung, dezentralen Lösungen der Vorzug gegeben werden.

Auf mögliche Wärmequellen und die vielfältigen Nutzungsarten von Wärmepumpen gingen anschließend Holger Jensen vom Landesamt für Bergbau Energie und Geologie (LBEG) sowie Dr. Martin Sabel vom Bundesverband Wärmepumpe (BWP) ein: Holger Jensen stellte das große Erdwärmepotenzial heraus, das in Niedersachsen für die Wärmewende genutzt werden kann und zeigte auf, dass Erdwärmeanlagen gut zur Beheizung größerer Gebäude oder ganzer Quartiere eingesetzt werden können. Ein Hindernis für den Hochlauf seien aktuell die begrenzten Kapazitäten der Bohrfirmen. Während die Produktion von Wärmepumpen derzeit schnell hochgefahren werden kann, wächst die Kapazität der Bohrfirmen mangels Fachkräften nur langsam. Dass Wärmepumpen ein weites Leistungs- und Einsatzspektrum abdecken, zeigte Dr. Martin Sabel: Von der Kleinwärmepumpe mit wenigen Kilowatt Leistung im Einfamilienhaus bis zur Großwärmepumpe für ganze Quartiere reiche das praxisbewährte Angebot. Um den Wärmepumpen-Hochlauf zu fördern, thematisierte Dr. Sabel die Steuern und Umlagen, die für den aktuell hohen Strompreis sorgten und den Hochlauf behinderten.

Praxisbeispiele zeigen Herausforderungen und Lösungswege auf

Einige Beispiele aus der Praxis sollten im weiteren Verlauf des Wärmepumpentags aufzeigen, wie Lösungen in Mehrfamilienhäusern konkret aussehen können. Rainer Tepe vom enercity-Fonds pro Klima unterstrich die Bedeutung von Messtechnik, die für das Erreichen eines effizienten Betriebs unverzichtbar sei, insbesondere wenn Hybrid-Systeme zum Einsatz kommen. Tief in die Details eines Praxisbeispiels ging dann Björn Siehlmann von der Wohnungsbaugenossenschaft Osnabrück ein. Er berichtete von einem typischen, zunächst unsanierten Mehrfamilienhaus, in das eine 35kW Wärmepumpe zur Erdwärmenutzung eingebaut wurde. Dazu wurden knapp 500 Meter Erdwärmesonden installiert. Auch wurde das komplette Dach mit einer 98 kWp-Solaranlage belegt und das Gebäude energetisch auf einen KfW 85-Standard saniert. Siehlmann empfahl den Teilnehmern in seinem Vortrag nachdrücklich, in ihren Projekten die Verringerung der Vorlauftemperatur in den Vordergrund zu stellen. Hierzu sollten die Heizflächen ausreichend groß dimensioniert, ein Betriebsmonitoring durchgeführt und das Nutzerverhalten mit bedacht werden. Reno Schütt von dem Wohnungsunternehmen GEWO ging in seinem Vortrag darauf ein, wie der Wohnungsbestand seines ternehmens sukzessive klimafreundlicher gestaltet wird. So habe die GEWO in ihren Gebäuden in Nordhorn zunächst einmal den Heizbetrieb bilanzkreisbezogen messtechnisch überwacht. Dabei wurden bereits zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten deutlich:

Überdimensionierte Heizungen, viel zu häufiges „Takten“ der Anlage (An-Aus-Betrieb) und ein unnötiger Sommerbetrieb waren dabei die „Klassiker“. Nach Durchführung erster Optimierungen am Heizsystem wurde anschließend geprüft, wie weit eine Absenkung der Vorlauftemperaturen möglich ist – die zentrale Voraussetzung für den effizienten und kostengünstigen Einsatz von Wärmepumpen. Die Durchführung nicht- und geringinvestiver Optimierungen an den Heizsystemen schafften schließlich nicht nur die Voraussetzung dafür, dass Wärmepumpen in die Mehrfamilienhäuser der GEWO integriert werden konnten, auch vorhandene fossile Heizungen werden künftig zugunsten der Mieter kostengünstiger betrieben. Fazit: Der 2. Niedersächsische Wärmepumpentag machte deutlich, dass die Wärmepumpe eine Schlüsselrolle in der Wärmewende einnehmen wird – auch im Bereich der Mehrfamilienhäuser. Dabei machten die Teilnehmer einige Herausforderungen aus, denen es durch entsprechende politische Rahmenbedingungen zu begegnen gilt.

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