Auf ein Wort…

Veröffentlicht am 2. Oktober 2022

BFW-Geschäftsführer David Jacob Huber vom Landesverband Niedersachsen / Bremen. (Foto: BFW)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Immobilienfreunde, wir schreiben heute den 3. September 2022. Ich erwähne dieses Datum mit voller Absicht, denn was ich heute schreibe, kann morgen schon wieder falsch sein. Wir erleben gerade Veränderungen, die so schnell gehen und so atemberaubend sind, dass man mit dem reagieren gar nicht mehr nachkommt. Was gestern selbstverständlich war, ist heute mit einem großen Fragezeichen versehen.

Wer hat bisher darüber nachdenken müssen, wie er seine Wohnung im nächsten Winter noch beheizen kann? Es war völlig selbstverständlich, dass Energie vorhanden ist. Auch wenn sie schon seit vielen Jahren immer teurer wurde, sie war immer da. Und genau diese Selbstverständlichkeit hat uns bequem werden lassen. Nun jedoch sind wir urplötzlich gezwungen, uns Gedanken zu machen, wie es weitergehen kann. Ich möchte heute auf einen Punkt eingehen, der mich schon viele Jahre begleitet. Wie die meisten Leser wissen, wurde ich in Österreich geboren und bin dort aufgewachsen. 1990 kam ich für zunächst nur zwei Jahre nach Bremen und bin hier hängengeblieben. Nach meinem Ausstieg aus der Speditionsbranche kam ich Mitte der 90er-Jahre erstmals mit Experten zusammen, die sich mit der damaligen Klimaschutzagenda 20-20-20 beschäftigten. Im Zuge dieser Begegnungen habe ich mich erstmals mit der Wärmeschutzverordnung auseinandergesetzt, deren erste Fassung 1977 veröffentlicht wurde.

Diese Verordnung wurde mehrmals angepasst, bevor sie in die Energieeinsparverordnung einging und weiter novelliert und angepasst wurde. Rückblickend ist es für mich sehr spannend, dass die heutige Situation schon 1977 skizziert und beschrieben wurde. Aber eben auch viele Jahrzehnte ignoriert wurde. Statt auf Energieautarkie, Eigenversorgung und Eigenverantwortung zu setzen, wurde auf wenig sinnvolle Maßnahmen, wie die Wärmedämmung von außen, gesetzt. Es ist schon paradox, dass wir genau den Rohstoff, den wir einsparen wollen, als zukünftigen Sondermüll an unsere Häuser montieren, ohne jeweils den Nachweis zu führen, dass diese Maßnahmen tatsächlich wirkungsvoll sind. Wenn man nämlich die „graue Energie“ aller WDV-Systeme (Wärmedämmverbundsystem) mitrechnet, wird das Ganze zu einer Absurdität. Auch Systeme, die nicht auf Erdölprodukten basieren, versagen bei diesen Berechnungen, wenn man wirklich ehrlich rechnet.

Hat sich schon mal jemand die Mühe gemacht und errechnet, wieviel Energie verbraucht und wieviel CO2 produziert wird, bis eine Platte aus Steinwolle an der Wand montiert ist und ihre Funktion erfüllen kann? Keine WDVS-Platte wird die Energie und das CO2 niemals einsparen können, dass für die Produktion benötigt wurde. Warnungen von Experten wurden immer wieder in den Wind geschlagen. Franz Alt, ein bekannter Autor und Klimaaktivist, hat ein sehr passendes Buch geschrieben. Die Aussage, die er trifft, ist wahr und unwiderlegbar: „Die Sonne schickt keine Rechnung!“ Prof. Dr. Dr. h.c. Ernst Ulrich Freiherr von Weizsäcker traf ähnliche Aussagen. In seinen Publikationen und Vorträgen hat er bereits vor 30 Jahren auf die heute zur Realität gewordene Situation hingewiesen.

Auch Experten wie Prof. Ing. Timo Leukefeld haben aufgrund dieser Erkenntnisse schon vor Jahren damit begonnen, Energieautarkie zum Thema der Wohnungswirtschaft zu machen. Oft belächelt, haben diese Pioniere ihren Weg unbeirrt fortgesetzt und sich wahrscheinlich niemals gedacht, auf welche dramatische Weise ihr Tun und ihre Theorien Bestätigung finden werden. Wohl dem, der auf Eigenversorgung und Autarkie gesetzt hat. Wie aber wird es weitergehen? Was wird passieren? Ich habe vor 10 Jahren in dieser Zeitung geschrieben, dass das Thema bezahlbares Wohnen die Kraft hat, unsere Gesellschaft zu spalten und für Unruhen zu sorgen. Dass es nun ausgerechnet das Thema „Heizen“ ist, dass zu einer dramatischen Zuspitzung führen kann, konnte ich damals noch nicht ahnen. Was erwartet uns denn nun, wenn wir nicht schnell Lösungen finden? Wenn Menschen frieren, weil sie ihre Wohnungen nicht mehr beheizen können? Abgesehen davon, dass diese Menschen sich radikalisieren und auf die Straßen gehen könnten, führt eine kalte Wohnung zu weitreichenden Folgen: Feuchtigkeit in den Häusern, Schimmelbildung, massive Wasserschäden, wegen gefrorener Leitungen, sind nur einige der denkbaren Folgen.

Im Rahmen unserer Verbandsarbeit diskutieren wir seitens des BFW-Niedersachsen/Bremen intensiv mit den Entscheidungsträgern der Politik über Lösungen oder zumindest Lösungsansätze. Eine Krisensitzung nach der anderen bestimmt gerade unsere Agenda. Es wird viel geredet und diskutiert und das durchaus konstruktiv, aber noch gibt es nicht wirkliche praktikable Lösungen. Das liegt aber auch daran, dass die Lage derzeit extrem dynamisch ist. Niedersachsen ist zudem voll in den Wahlkampf eingetreten. Politiker und politische Entscheidungsträger konzentrieren sich nun auf die Wahlen. Entscheidungen werden nicht mehr getroffen, weil sie in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werden können.

Der BFW-Niedersachsen/Bremen hat dazu ein Positionspapier verfasst und allen Parteien und Verbänden zur Verfügung gestellt. Gerne können wir dieses Papier auch den Lesern dieser Zeitung zur Verfügung stellen. Schreiben Sie mir einfach eine Mail an huber@bfw-nb.de. Liebe Leser, ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen alles Gute und vor allem Zuversicht in diesen nicht leichten Zeiten. Jetzt gilt es, für Zusammenhalt und Zusammenarbeit zu sorgen. Denn das brauchen wir für unsere Mieter und Bürger, deren Grundbedürfnis nach warmem und bezahlbarem Wohnraum unbedingt befriedigt werden muss, um den sozialen Frieden in unserem Land aufrecht zu erhalten.

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